Edmonton – “Pit Stop”

18. – 30. Juli 2015

Schon bevor wir überhaupt gestartet sind, wussten wir, dass es eine Herausforderung sein würde Ersatzteile zu beschaffen, sollte irgendetwas am Landy kaputt gehen. Es ist nicht so, dass es in Nordamerika keine Land Rover gibt, aber gerade der Defender wurde hier nie verkauft und so findet man auch fast nirgends Ersatzteile dafür. Die einzige Möglichkeit ist, sie von Spezialhändlern zu bestellen und dann geduldig zu warten bis die Post sie liefert…

Wir wussten auch, dass der Landy spätestens in Alberta seinen ersten Ölwechsel brauchen würde. Was wir erstmal noch nicht wussten war dass wir bis dahin auch hinten neue Federn brauchen würden. Die Federn und Stoßdämpfer sind ja immerhin noch die Originalteile und 20 Jahre alt – die sich allerdings in recht gutem Zustand bei unserer Abfahrt befanden. Zugegeben, mit dem extra Gewicht von Dachgepäckträger, Dachzelt, Zargesboxen und sämtlichem anderen Zeug hing der hintere Teil von Anfang an etwas tiefer, aber wir gaben nicht allzu viel darauf und dachten, dass wir schon noch eine ganze Weile so unterwegs sein könnten. Durch die unzähligen interessanten Straßen die wir mittlerweile gefahren sind, musste die Federung aber doch viel mehr aushalten als bisher und schon in Labrador konnten wir erste Anzeichen von Schwäche feststellen: Als wir einmal durch ein größeres Loch fuhren, schlug der Rahmen auf den Anschlagpuffer der Achse auf – bereits zu dem Zeitpunkt ein sicherer Hinweis, dass die Federung nicht mehr ausreicht um das gesamte Gewicht zu tragen.

Ich dachte, es würde weitaus schwieriger sein den entsprechenden Ölfiltersatz irgendwo zu bekommen und fand es somit sinnvoll, schon mal vorab einen online zu bestellen und zu Familienfreunden in Leduc bei Edmonton liefern zu lassen.

Typisch für uns, bestellten wir die Teile im letzten Moment per Eillieferung und hofften dass sie bis zu unserer Ankunft in Edmonton auch da sein würden…waren sie aber natürlich nicht. Es ist nicht so, dass wir nicht schon vorher gewusst hätten, dass wir einen Ölwechsel brauchen würden, aber wir hatten einfach so früh noch überhaupt keine Ahnung welche Route wir nehmen und wo genau wir dann sein würden.

Obwohl ich Miranda und ihre Familie bestimmt über 15 Jahre nicht mehr gesehen hatte, gab es ein sehr herzliches Willkommen für uns mit tollem Abendessen – trotz dass wir einen ganzen Tag früher dort aufgekreuzt sind als ausgemacht. Unser Plan war es eigentlich, eine Nacht im Elk Island National Park zu verbringen, aber da wir dort gerade am Wochenende mit allerbestem Sommerwetter ankamen war der Zeltplatz bis auf den letzten Platz voll und wir beschlossen somit direkt weiter zu fahren und als Überraschung vor der Tür zu stehen J

Es war wirklich schön seit langem mal wieder ein richtiges Dach über dem Kopf zu haben, drinnen zu schlafen und nachts nicht einen gefühlten halben Kilometer zum Plumsklo laufen zu müssen – wenn es denn überhaupt eins gibt! Wir fühlten uns schnell wohl und wie Familienmitglieder in dem lebendigen Haus mit 2 dreijährigen kleinen Jungs. Außerdem wurden wir nach Kräften verwöhnt mit Grillen, Bier und Keksen – herrlich!

Nach kurzem Suchen fanden wir auch einen off-road Autospezialisten – 4 Wheel Auto – in Edmonton, der neue Federn für unseren Landy bestellen und einbauen sollte. Da die Teile erst am kommenden Freitag oder Montag eintreffen sollten hatten wir eine ganze Woche Wartezeit, was natürlich sehr angenehm ist wenn man bei Freunden bleiben kann. Zeit genug zum relaxen, Wäsche waschen, an unserem chronisch verspäteten Blog zu arbeiten und ein bisschen shoppen zu gehen.

Obwohl wir eigentlich keine Liebhaber von großen Einkaufszentren sind, konnten wir doch nicht einfach an der West Edmonton Mall vorbei gehen – dem größten Einkaufszentrum in ganz Nordamerika! Dort gibt es nicht nur Unmengen an Läden und Leuten (genau genommen über 800 Shops und 30 Millionen Besucher pro Jahr), sondern auch ein Eishockeyfeld, eine riesige Badelandschaft mit Wasserrutschen und Wellenbad, Seelöwen (inklusive Show) und sogar eine Achterbahn mit Looping – alles unter einem Dach! Es ist verrückt: laut, grell, Massen von Leuten, Massen von Essen – eigentlich wie auf einem Jahrmarkt, aber uns kam das fast unwirklich vor, da alles drinnen stattfindet. Es ist definitiv eine Attraktion, die man mitnehmen muss, wenn man schon mal hier ist, aber einmal reicht uns :)

Der Landy bekam in dieser Woche auch eine längst überfällige Reinigung innen und außen von dem Dreck der letzten 12000 km. Außerdem waren einige kleinere Reparaturen fällig und Kyle (Mirandas Mann) bot sich an, mir dabei zu helfen – natürlich mit ein paar eisgekühlten Bier in der Hand, womit die Arbeit fast von alleine lief.

DIY – Do it yourself!

Der Ölfiltersatz kam einen Tag später an als versprochen, obwohl wir für den Versand fast genauso viel bezahlt hatten wie für den Satz selbst…auf jeden Fall konnte es nun endlich mit dem Ölwechsel losgehen, den ich selbst machen wollte. Eigentlich ist das nicht besonders schwierig, man braucht nur einen Behälter um das alte Öl aufzufangen und sollte dabei möglichst versuchen, nicht zu viel zu verschütten um keine Umweltkatastrophe auf der Einfahrt seiner Freunde zu verursachen. So weit so gut: Im Canadian Tire bekommt man fast alles und auch ich wurde hier fündig was das Material für den Ölwechsel angeht.

Nachdem ich den Motor etwas aufgewärmt hatte (so wie im Service Buch beschrieben damit das Öl besser ablaufen kann), fuhr ich in Miranda’s und Kyle’s Garageneinfahrt, gerüstet mit Overall und Latexhandschuhen und schob die Ölauffangwanne in Position. Der Defender hat eine Ölkapazität von ungefähr 6 Litern. 6 Liter passen problemlos in ein Gefäß wo 6 Liter drauf steht; es wird nur dann eng wenn dieses Gefäß auf einem abschüssigen Untergrund steht…Eigentlich wäre das jetzt der perfekte Moment gewesen, Frederike mitsamt der Kamera zu holen um das Dilemma festzuhalten. Falls jemand Miranda und Kyle in Leduc besucht, bin ich mir sicher dass er meine „Spuren“ immer noch in ihrer Garageneinfahrt finden wird. Zum Glück sind sie im Besitz eines Hochdruckreinigers…

Irgend etwas was ist immer…

4 Wheel Auto hatte uns eigentlich „versprochen“, dass wir spätestens Montag (also nach einer Woche) wieder unterwegs sein würden – was wir auch definitiv vor hatten. Die Pause war uns zwar durchaus willkommen, aber der Sommer im Norden ist bekanntlich kurz. Trotz dass wir unseren Plan, Alaska im Juli zu bereisen aufgegeben hatten, wollten wir nun aber nicht noch mehr Zeit verlieren. Also rief ich als allererstes am Montag Morgen bei 4 Wheel Auto an um nachzufragen, wann wir den Landy in die Werkstatt bringen sollten – nur um zu unserem Entsetzen festzustellen, dass es anscheinend irgendein Durcheinander mit unserer Bestellung gab und die Federn noch nicht geliefert worden waren, ja schlimmer noch: sie wurden noch nicht einmal bestellt!! Man erklärt uns, der Zwischenhändler hätte zwar von der Kreditkarte des Geschäfts abgebucht, aber dann anscheinend die Bestellung nicht weiter bearbeitet! Unglaublich! Ich musste mich schon sehr beherrschen, um meinen Ärger nicht laut ins Telefon zu brüllen. Da sitzen wir hier eine ganze Woche und warten auf die Teile, nur um dann herauszufinden, dass sie noch nicht einmal bestellt wurden! Der Winter kommt ziemlich schnell im Norden und je mehr wir hier herumeierten je weniger Zeit würden wir haben.

Nachdem ich meine Enttäuschung am Telefon zum Ausdruck gebracht hatte – zu meinem eigenen Erstaunen ohne zu fluchen oder sonstige Kraftausdrücke zu benutzen – hieß es am anderen Ende der Leitung, dass man sich kümmern und dann bei uns melden würde. Da das allerdings ziemlich lange dauerte und uns langsam die Geduld ausging, fuhr ich schließlich hin um direkt vor Ort ein Gespräch zu führen und nach einer Lösung zu suchen – diesmal mit dem Geschäftsleiter, der schließlich auch fündig wurde: Er entdeckte einen anderen Satz Federn (von einem zuverlässigeren Anbieter) in Florida. Allerdings war in Florida wegen Zeitverschiebung schon alles geschlossen, was einen weiteren Tag Verzögerung bedeutete bevor sie überhaupt bestellt werden konnten…Natürlich war 4 Wheel Auto nicht Schuld an dem Durcheinander, aber das änderte leider auch nichts an der Tatsache, dass wir nun wahrscheinlich noch eine weitere Woche hier mit warten verbringen würden. Man muss mir die Enttäuschung angesehen haben und anscheinend tat ihnen die Unzuverlässigkeit ihres Zwischenhändlers leid – auf jeden Fall bestellten sie die Teile per 24 Stunden Expresslieferung auf eigene Kosten (was sicher einiges an Geld war) und versicherten uns, dass es nur zwei zusätzliche Tage sein würden bevor wir wieder los könnten – eine gute und faire Lösung wie wir fanden. Ich durfte sogar bei der Arbeit zuschauen und ein paar Fotos machen…

Die neuen Federn machen einen riesigen Unterschied und wir sind froh, die Zeit und das Geld investiert zu haben – Der Landy ist nun fit für die Schotterpisten im Yukon und in Alaska!

Obwohl wir letzten Endes viel länger in Edmonton waren als geplant, haben wir die Zeit dort sehr genossen – vor allem weil wir uns wie ein Teil der Familie fühlen durften. Danke euch allen noch mal dafür!

Mehr Fotos bei Flickr: Edmonton

4 Kommentare
  1. Martin
    Martin sagte:

    Hallo zusammen

    Wir verfolgen immer gespannt euren Blog. Mit einem Defender in Nordamerika zu reisen ist scho etwas anders als zu hause in Europa. Mussten wir auch feststellen… 😊

    Falls ihr wiedermal Teile braucht: Paddocks in England (http://www.paddockspares.com) liefert auch nach Kanada/USA und ist preislich sehr interessant (Lieferung auch auf Poststelle möglich). Viel teurer, aber dafür schneller ist Rover North in den USA (http://www.roversnorth.com).

    Im Westen der USA gibt es übrigens zwei Land Rover Spezialisten, die sich auch mit Defendern auskennen: Bill in Salt Lake City (http://gbrutah.com) und Mike in Livermore (http://www.offroadexperience.com/wcb/landrover_wcbmain.htm).

    Sonnige Grüsse aus Kalifornien
    Fränzi & Martin

    http://www.uyarak.ch

    • Gary
      Gary sagte:

      Danke für die Tipps! Rovers North und Paddocks kennen wir mittlerweile auch sehr gut – mehr dazu bald :-) wünschen euch weiterhin viel Spaß und bis bald mal wieder!

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