Jalisco – Cowboys, Tequila und scharfes Chili
(30. März – 15. April, 2016)
Kaum den Hafen verlassen, stürzen wir uns in den turbulenten Verkehr von Mazatlan und sofort wird uns klar was mit „Lightversion“ und „richtigem“ Mexiko gemeint war – zumindest was den Verkehr angeht. Im Vergleich zur Baja befinden wir uns plötzlich nochmals in einer anderen Welt. Die Straßen sind vollgestopft mit Autos, Motorrädern und Menschen und wenn wir bisher dachten, dass der Fahrstil schon auf der Baja schärfer war, so müssen wir jetzt feststellen, dass wir gar keine Ahnung hatten! Dicht auffahren, rasante Überholmanöver und zwischen den Autos drängelnde Motorräder sind ab jetzt an der Tagesordnung. Und auch sonst ist plötzlich alles viel hektischer, lauter und quirliger um uns herum. Wir verbringen ein paar Tage außerhalb der Stadt am Pazifik und eine mehr oder weniger unfreiwillige und schlaflose Nacht direkt in der Stadt, bei der wir völlig unverhofft auf dem jährlichen Harley Treffen landen! Danach verlassen wir die Küste und machen uns auf durch Sinaloa und Nayarit in Richtung Inland.
Cuota vs Libre
Auf dem mexikanischen Festland hat man meist die Auswahl zwischen einer gebührenpflichtigen Straße, der Cuota, und einer kostenlosen, der Libre. Die Cuotas sind gut ausgebaut, viel weniger befahren, meist in ausgezeichnetem Zustand und natürlich ziemlich sicher. Allerdings sind sie teuer, und das nicht nur für mexikanische Verhältnisse. Will man ein gutes Stück voran kommen, bezahlt man an einem einzigen Tag schonmal gut und gerne umgerechnet 20 – 25 Dollar. Außerdem verpasst man natürlich auf der Autobahn vieles vom Land selbst, was schade sein kann. Worum es nicht schade ist, sind die vielen „Topes“ die man so auch verpasst. In ganz Lateinamerika werden als Mittel zur Geschwindigkeitsbegrenzung künstlich angelegte Bodenwellen benutzt. Doch in Mexiko gibt es davon bei weitem die meisten. Allein bei einer kleinen Ortsdurchfahrt sind es oft 10 oder mehr solcher „Hügel“. Viele werden vorher mit einem Schild angekündigt, aber bei weitem nicht alle. Am schlimmsten sind die selbstgemachten oder solche die völlig unerwartet im Schatten liegen und fast nicht zu sehen sind. So kommt es mehr als nur einmal vor, dass wir einen erst im allerletzten Moment sehen und eine Vollbremsung machen, oder was noch schlimmer ist, ihn ganz übersehen und mit zu hoher Geschwindigkeit voll in die Federung des Landy krachen. „Rumps!“, der Knall fährt einem durch Mark und Bein und jedes Mal denken wir, dass irgendetwas ganz sicher kaputtgegangen ist oder wir jetzt zumindest einen platten Reifen haben. Doch zum Glück passiert außer einem Schrecken und dem festen Vorhaben jetzt noch besser aufzupassen nichts.
Anfangs trauen wir uns insbesondere im berüchtigten Sinaloa – und auch wegen den Warnungen der Einheimischen – noch gar nicht richtig von der Cuota weg, doch nach 2 Tagen haben wir das ständige Bezahlen satt und außerdem sind wir neugierig mehr vom Land zu sehen. Auf der Cuota fährt es sich zwar wunderbar, doch ist sie wie jede Autobahn eine reine Verbindungsstraße, von der aus man nicht besonders viel sieht – außer zahlreichen unfertigen Brücken. So wagen wir uns am Nachmittag erstmalig auf die benachbarte Libre. Es ist mitten am hellen Tag und außer dass wir auf der kostenlosen Straße mehr Zeit brauchen, kann es ja nicht viel anders sein, denken wir. Die Wirklichkeit sieht allerdings wieder einmal anders aus: kaum abgefahren geht es rund – und zwar richtig! War es auf der Cuota noch völlig ruhig und entspannt, so herrscht jetzt fast ein richtiger Krieg auf der Straße! Dichter Verkehr auf der sich nach oben schlängelnden Bergstraße, ständiges Drängeln und waghalsige Überholmanöver dass es einem Angst und Bange werden kann. Die Ortsdurchfahrten dauern ewig, und das nicht nur wegen der Topes, sondern weil in fast jedem Ort ein vollgestopftes Verkehrschaos herrscht, durch das man sich irgendwie zwängen muss. Vorwärts kommt man hier nur, wenn man sich vollkommen an den hiesigen Fahrstil anpasst und ordentlich „die Ellbogen ausfährt“; d.h. man muss einfach genauso drängeln, hupen und sich dazwischen quetschen wie die Einheimischen. Manchmal sind es tatsächlich nur ein paar Zentimeter zwischen unserer Stoßstange und einem anderen Fahrzeug – etwas dass mir nur als Beifahrer die Schweißperlen auf die Stirn treibt, und ich bin heilfroh dass Gary hier fährt. Ich würde vermutlich sonst irgendwann einfach nur wie paralysiert mitten in der Straße stehen und anfangen zu schreien, oder zu heulen oder sonst irgendetwas machen außer fahren. Doch Gary macht das Ganze richtig Spaß. Während ich schon völlig überfordert auf dem Beifahrersitz hocke, drängelt er sich geschickt durch das Chaos und genießt die Herausforderung richtig!
Laut, bunt, hektisch und rasant, so geht es auf der Libre zu! Dafür sieht man natürlich viel mehr und taucht völlig in das Land ein. Ein echtes Erlebnis, das wir auf jeden Fall mitnehmen wollen, allerdings beschließen wir, dieses Erlebnis zukünftig dosiert zu genießen, denn es ist auch ziemlich anstrengend auf solchen Straßen zu fahren. Nach unserem ersten Abenteuer auf der Libre, wissen wir die Cuota für längere Strecken nun durchaus zu schätzen…
Etzatlan – Mexiko pur!
Nach einigen Tagen erreichen wir den Bundesstaat Jalisco. Eigentlich wollen wir dort das bekannte „Tequila“ besuchen, wo die berühmtesten Brennereien des gleichnamigen Schnapses ihren Sitz haben. Da es jedoch in Tequila an geeigneten Campingmöglichkeiten fehlt, quartieren wir uns im ca. 40 km entfernten Etzatlan auf einem kleinen gepflegten Campingplatz ein. Tequila ist weltbekannt, von Etzatlan weiß kein Mensch. Und so erwarten wir eigentlich gar nichts außer einer praktischen Unterkunft für 1 oder 2 Nächte. Doch schon bei unserer Ankunft eröffnet uns die sehr sympathische und 2 sprachig aufgewachsene Campingplatzbesitzerin, dass wir uns hier im puren unverfälschten Mexiko befinden und auf jeden Fall Zeit in ihrer Heimatstadt verbringen müssen!
So machen wir uns auch gleich am nächsten Tag auf um den Ort zu Fuß zu erkunden – und stellen schnell fest, dass unsere Gastgeberin auf keinen Fall zu viel versprochen hat! Etzatlan ist Mexiko pur und schon nach ein paar Stunden haben wir den Ort und seine Bewohner vollkommen ins Herz geschlossen. Bei strahlendem Sonnenschein spazieren wir durch die Gassen, wo das Bild geprägt ist von kleinen individuellen „Tiendas“ (Läden), in denen es einfach alles gibt. Vom Schneider, über den Sattler bis zum Sargbauer findet man hier alles – und alles direkt nebeneinander. Dazwischen immer wieder kleine Straßenküchen mit gegrilltem Huhn, Maiskolben und anderen Leckereien. Fast alle Straßen führen sternförmig auf das Herzstück des Städtchens zu – der Plaza. Und was für eine! Als wir dort ankommen, verschlägt es uns ersteinmal fast die Sprache, so schön ist der Anblick der sich uns bietet! Und nicht nur das; die Plaza ist auch der Treffpunkt der gesamten Stadt. Jung und alt kommt hier zusammen. Mittags die Schulkinder, am Abend Familien, Senioren, verliebte Paare – alles trifft sich auf der Plaza zum gemütlichen Beisammen sein, Eis essen, spielen, tanzen oder einfach nur da sein. Wir sind die einzigen Touristen hier, absolut begeistert und beschließen gleich mehrere Tage in Etzatlan zu verbringen um mehr von diesem wunderbaren Ort zu entdecken und erleben.
Von Räubern und Cowboys
Mit dem Grenzübertritt nach Mexiko hatten wir uns angewöhnt, nachzufragen wie es denn um die allgemeine Sicherheit an einem Ort bestellt ist und gegebenenfalls unsere Campingsachen wie Tisch und Stühle mit einem dicken Stahlseil abzuschließen. Als wir unsere Gastgeberin danach fragen, lacht sie. „Die Sachen sind hier vollkommen sicher. Hier wird nichts geklaut.“, versichert sie uns. „Wir hatten hier Räuber vor einiger Zeit“, erzählt sie weiter, „aber die sind alle tot.“ „Wie bitte?“, fragen wir entgeistert nach. „Ja, die organisierte Kriminalität hat sich darum gekümmert. Die mögen es nicht wenn irgendwo zu viel Aufsehen erregt wird. Die handeln mit Drogen und geklautem Benzin und mehr nicht. Alles andere ist nicht lukrativ genug. Wenn irgendwo noch lauter Kleinkriminelle am Werk sind, zieht das viel zu viel Aufmerksamkeit auf die Region und da haben sie sich eben darum gekümmert.“ „Und jetzt sind sie tot?“, fragen wir fassungslos nach. „Das nehme ich mal an. Jedenfalls sind sie irgendwann spurlos verschwunden und seitdem wurde hier auch nichts mehr geklaut.“ Wir sind etwas geschockt nach dieser Aussage, aber auch in gewisser Weise fasziniert. Die großen Fische kümmern sich hier also um die kleinen Fische und deshalb ist es für alle anderen sicher! Wahnsinn!, denken wir, gehen aber jedenfalls beruhigt schlafen ohne uns um unsere Sachen Sorgen zu machen.
In Etzatlan begegnen wir auch den schönsten Pferden, die wir bisher in ganz Mexiko gesehen haben. Wunderschöne Tiere, die mit prächtigem Zaumzeug und schönen Sätteln geschmückt sind. Ihre Reiter, echte „Rancheros“ (Cowboys), sind nicht schlechter herausgeputzt mit schönen Hemden und klassischem mexikanischen Hut. Vom Hut bis zum Sattel kann man übrigens auch alles handgemacht in guter Qualität in der Stadt kaufen – zu unschlagbar günstigen Preisen wie wir finden. Die Rancheros scheinen sich jedenfalls regelmäßig in der Stadt zu treffen um dort vor allem eine Flasche Tequila zu kaufen, die dann auf dem Heimweg geleert wird. Auf einer Wanderung zu Etzatlans Aussichtsberg begegnen wir ein paar stattlichen Reitern mit Tequila und einem Stapel Plastikbecher in der Satteltasche, die freudig jedem dem sie begegnen einen ausschenken – und natürlich selbst mittrinken!
Dank Insider Tipps von unserer Gastgeberin, kommen wir in den Genuss von lokalem hausgemachtem Essen, das man sicher in keinem touristischen mexikanischen Restaurant bekommt. In einer Seitenstraße finden wir das kleine unscheinbare Lokal, das um die Mittagszeit gut besucht ist; und auch hier fallen wir wieder auf, denn außer uns sind nur Einheimische da. Gekocht wird in der offenen Küche von 3 sympathischen Frauen, die uns 2 Optionen für das Mittagessen nennen. Da wir natürlich überhaupt keine Ahnung von beiden Gerichten haben, bestellen wir irgendeins und lassen uns überraschen. Wir bekommen schließlich einen scharfen Fleischeintopf serviert, zusammen mit einem Salat und jeder Menge Maistortillas. Es schmeckt hervorragend, doch da ich mich noch nicht an die scharfe mexikanische Küche gewöhnt habe, stehen mir bald die Schweißperlen auf der Stirn. Draußen ist es ohnehin schon heiß, und zusammen mit dem Essen komme ich jetzt so richtig ins schwitzen. Gary, der ohnehin eine Leidenschaft für scharfes Essen hat, macht das dagegen nichts aus und er ist vollauf begeistert.
Als wir am Abend noch einmal durch die Stadt spazieren, werden wir plötzlich von einem unwiderstehlichen Duft angezogen, der uns nochmals das Wasser im Mund zusammen laufen lässt. Wir folgen unserer Nase und landen schließlich auf der Plaza an einem mobilen Stand, an dem ein sympathischer Herr eine Art Teig in heißes Fett gibt, aus dem ein Kringel entsteht. Wir fragen ihn, was das denn ist. „Churros.“, antwortet er und reicht uns jedem lächelnd ein mit Zucker und Zimt bestreutes Stück zum probieren – womit er uns sofort an der Angel hat! Churros sind wohl der Nationalnachtisch von Mexiko und wir sind ab sofort süchtig danach wo immer wir sie finden. Rückblickend betrachtet, waren es aber für uns die besten Churros von ganz Mexiko, die wir hier auf der Plaza von Etzatlan gegessen haben.
Was das Probieren angeht, so sind die Mexikaner generell sehr großzügig und im Allgemeinen stolz, ihre heimischen Produkte zu erklären. Wenn man fragt „Was ist das?“, bekommt man meist nicht nur ein kleines Stück sondern gleich ein Riesiges zum probieren; und manchmal ist es uns fast peinlich wenn wir eigentlich nur wissen wollten, was dieses oder jenes Obst ist, und dann praktisch gleich die ganze Frucht zum probieren bekommen. In Etzatlan, geht es uns so an einem Obst-stand. Der überaus freundliche Besitzer ist sehr interessiert an uns und trotz unseres absolut dürftigen Spanisch möchte er sich unbedingt unterhalten. An seinem Stand bewundern wir eine riesige Jackfrucht, die sicher 10 kg wiegt und als er erfährt, dass wir so etwas noch nie probiert haben, will er sie unbedingt für uns anschneiden. Wir winken schnell ab, denn wir wollen sowieso nichts davon kaufen und somit auch nicht, dass er sie extra anschneidet; doch er lässt sich nicht davon abbringen und schon halten wir beide ein Stück Jackfrucht in der Hand (die übrigens einen fast gummibärchenartigen Geschmack hat) und erfahren alles über deren Herkunft, Zubereitung u.s.w. Und damit nicht genug: wir müssen auch sämtliche verschiedene Kokosnüsse probieren und schließlich frisches Zuckerrohr, dass bei den Kindern hier der Renner zu sein scheint. Als wir ihn am Ende fragen, was wir ihm denn schuldig sind – immerhin haben wir uns gerade fast durch den ganzen Stand probiert – winkt er lächelnd ab. Es sei ihm eine Freude gewesen, uns etwas Neues zu zeigen, versichert er uns. Wir sind gerührt von so viel Gastfreundlichkeit und kaufen schließlich doch noch eine Tüte Zuckerrohr – für mich etwas wirklich Neues, für Gary Kindheitserinnerungen.
Mittlerweile wird es richtig heiß. Wir sind mitten in der Trockenzeit und die Sonne brennt hier am Nachmittag mit einer solchen Intensität, dass es kaum auszuhalten ist. Morgens sind es immer noch kühle 12 Grad, aber bis zum Nachmittag heizt sich das Land extrem auf, so dass wir alle Aktivitäten auf den Vormittag oder den Abend verlegen. Am Nachmittag können wir nichts tun, außer lethargisch im Schatten sitzen, jede Menge Eis und kalte Getränke in uns hineinschütten und wenn möglich mehrmals kalt duschen. Die Abendstunden sind dann herrlich, denn es kühlt auch nach Sonnenuntergang nur sehr langsam ab, so dass man immer noch in Sommersachen und ohne Jacke draußen sein kann. Den Einheimischen geht es anscheinend genauso, denn am Nachmittag sind die Straßen wie ausgestorben; erst am Abend kommt wieder Leben auf die Plaza und sportliche Aktivitäten wie Fußball fangen hier grundsätzlich frühestens um 20:00 Uhr an.
Als wir schließlich Tequila, dem eigentlichen Grund unseres Kommens, doch noch einen Besuch abstatten sind wir ziemlich enttäuscht. Die Stadt an sich ist zwar recht hübsch, aber auf uns macht sie einen unechten Eindruck – der übliche Touristenzirkus eben. Überhöhte Preise, kitschige Souvenirs wahrscheinlich „made in China“ und überall werden wir plötzlich auf Englisch angesprochen. Ein halber Tag reicht uns hier und wir beschließen stattdessen lieber noch mehr Zeit in Etzatlan zu verbringen – und mehr Churros zu essen!
Tapalpa – Pueblo magico
Tapalpa ist ein weiteres Pueblo Magico, das uns nicht nur wegen diesem Attribut anzieht, sondern auch weil es auf einer angenehmen Höhe von über 2000m liegt. Noch nicht richtig an die trockene Hitze gewöhnt, freuen wir uns momentan über jedes Ziel, das in den höheren Bergen liegt und ein angenehmeres Klima verspricht. Etwas außerhalb des Bergdorfes finden wir einen gemütlichen Zeltplatz bei einer Paragliding Schule mit fantastischer Aussicht – und der wohl besten Holzofenpizza der gesamten bisherigen Reise! Mitten in Mexiko – wer hätte das gedacht? Zunächst einmal erscheint der Platz allerdings gewöhnungsbedürftig, denn er gehört 2 Brüdern, die auf den ersten Blick so aussehen, als wären sie 2 landesweit gesuchte Schwerverbrecher. Die verlebten Gesichter und rauchigen Stimmen sprechen da Bände; und als uns der jüngere der beiden erzählt, er habe in Italien ein gut gehendes Restaurant geleitet, können wir das fast nicht glauben und vermuten eher ganz andere lukrative ‚Geschäfte‘ in Italien… Auf den 2. Blick lernen wir die beiden dann allerdings als äußerst liebenswürdige und hilfsbereite Gastgeber kennen; und als wir schließlich die Pizza probieren, sind wir fast sprachlos – der Mann versteht definitiv sein Handwerk!
Tapalpa selbst erinnert uns fast ein wenig an ein Schweizer Bergdorf. Schmale Kopfsteinpflastergassen, weiß verputzte Häuser mit Holzbalkonen, Ziegeldächer und schön verzierte Kirchen. Das Dorf ist wirklich wunderschön und wir spazieren ausgiebig durch die Gassen, probieren lokale Süßigkeiten und essen hervorragende “Lonches” (eine Art Sandwich) auf dem Markt. Mittlerweile finden wir auch, dass es dringend an der Zeit ist, mal wieder einen Haarschnitt zu bekommen. Allerdings sprechen wir ja immernoch nur einige wenige Worte spanisch und haben daher keine Ahnung wie wir das anstellen sollen. ‘Irgendwie wird es schon gehen’, denken wir, und fragen in einem kleinen Friseurladen nach einem Termin. Die “Chica” kommt am Nachmittag, heißt es dort, wann genau ist nicht so ganz klar – “mas o menos” eben. So nutzen wir die Zeit um uns ein paar Sätze zurechtzulegen wie “vorne etwas länger als hinten” oder “an den Seiten kürzer” und marschieren etwas aufgeregt gegen 15:00 Uhr wieder zu dem kleinen Laden – darauf gefasst, dass der Haarschnitt evt. anders ausfallen könnte als wir das eigentlich wollen. Die aufgeweckte sympathische junge Frau, die uns bedient erweist sich jedoch als äußerst geschickt – nicht nur im Haare schneiden, sondern auch darin aus unseren paar gestammelten Brocken spanisch die richtigen herauszufinden; und wir bekommen völlig unerwartet einen der besten Haarschnitte, die wir je hatten – für umgerechnet 5 Euro für uns beide zusammen! Wir sind so sprachlos bei dem Preis (schließlich ist das unser erster lateinamerikanischer Friseurbesuch), dass wir 2 mal nachfragen und auch ein dickes Trinkgeld da lassen. Sehr zufrieden und frisch gestylt kehren wir an diesem Tag zu unserem Lager zurück und können der Versuchung nicht widerstehen nochmals Pizza zu bestellen.
Auch in der Umgebung von Tapalpa gibt es einiges zu entdecken und so erkunden wir kleine Nebenstraßen in der idyllischen Landschaft, spazieren durch interessante Felsformationen bei den ‘Piedrotas’ und wandern zum ‘Salto de Nogal’, einem abgelegenen Wasserfall. Vorher fragen wir uns jedoch, wo wir denn bei solchen Ausflügen das Auto sicher abstellen können, oder ob es überhaupt eine gute Idee ist, es mehrere Stunden auf einem abgelegenen Wanderparkplatz abzustellen. Wir fragen daher vorsichtshalber bei der Touristeninformation von Tapalpa nach und sind überrascht eine uns schon vertraute Antwort zu bekommen: “Kein Problem”, erklärt uns der freundliche Herr dort. “Ihr könnt euer Auto hier überall bedenkenlos abstellen. Das ist hier vollkommen sicher. Um sowas kümmert sich die organisierte Kriminalität. Die handeln mit Drogen und geklautem Benzin und wollen ansonsten kein Aufsehen.” “ Ich muss es einfach so sagen: unsere Kinder können hier zu jeder Uhrzeit bedenkenlos draußen spielen – “dank” der organisierten Kriminalität.”, fügt er noch hinzu.
Wir schauen ihn an und müssen lachen. Hatten wir nicht genau desgleiche gerade vor kurzem erst gehört? Wir sind hier tatsächlich sicher wegen der organisierten Kriminalität! Ist das zu fassen? Es kommt uns fast wie ein Witz vor; doch reicht die Aussage jedenfalls für uns um bedenkenlos das Auto abzustellen und in aller Ruhe wandern zu gehen.
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