Dawson City – „Not the worst place to be stuck“

(21. August – 09. September 2015)

“Ihr seid in Dawson. Nicht der schlechteste Ort um “festzusitzen”, hören wir von allen Seiten. Und auch, dass wir nicht die ersten sind, die hier frei- oder unfreiwillig mehr Zeit verbringen als  geplant. “So manch einer wollte nur durchreisen und ist dann gleich da geblieben.”, erzählt man uns. Die Stadt ist voll mit solchen oder ähnlichen Geschichten; und nun bekommen auch wir unsere eigene kleine Dawson City Geschichte.

Die 1. Nacht in Dawson – auf der anderen Seite des Flusses

EGeorg Black Ferrys ist bereits Abend als wir auf dem Parkplatz der Touristeninformation von Dawson City aussteigen und etwas benommen feststellen dass jetzt gar nichts mehr geht. Ein paar Einheimische helfen uns den Landy aus dem Weg und in die hintere Ecke des Parkplatzes zu schieben und dann stehen wir erstmal etwas ratlos herum und können unsere neue Situation noch nicht ganz begreifen. Wenigstens sind wir in der Stadt und nicht mehr irgendwo zwischen km 256 und 419 auf dem Dempster Highway fällt uns dazu Positives ein. Sonst fällt uns gerade nicht viel ein, allerdings müssen wir uns Gedanken zum Übernachten machen wenn wir nicht hier auf dem Parkplatz schlafen und hinter die nächste Hausecke zum Pinkeln gehen wollen. Das Dawson City River Hostel auf der anderen Seite des Yukon Flusses sei das günstigste in der Stadt, erfahren wir und beschließen uns dorthin auf den Weg zu machen. So richtig wissen wir nicht was uns erwartet, außer dem Versprechen dass es ein besonderer Ort sei, es weder Strom noch warmes Wasser, dafür aber ein Badehaus und eine Draußenküche gibt. Schön, das sind wir gewöhnt und es klingt spanned. So packen wir Schlafsäcke, Kissen ein paar Sachen und die Reste von unserem am Vortag gekochten Eintopf in unsere Rucksäcke, obendrauf noch 2 Tafeln Schokolade und den Rest Whiskey  – man weiß ja nie…und begeben uns zur George Black Fähre, die im Sommer kostenlos praktisch 24 h am Tag die starke Strömung des Yukon überquert.

Am Hostel angekommen, empfängt uns am Rezeptionsgebäude ein Schild mit der Aufschrift: “Bin in 5 min zurück, bitte hier warten”; und so warten wir erstmal – und warten und warten…Dabei haben wir Zeit, den Blick über das Gelände schweifen zu lassen und entdecken mehrere selbst gezimmerte Hütten und Gebäude, Zeltplätze, Feuerstellen und eine Ansammlung von allem möglichen Zeug. Am Eingang steht ein großes Schild, das darauf hinweist, der Zutritt sei ausschließlich durch registrierte Hostelgäste erlaubt. An einem Weg daneben befindet sich ein weiteres Schild mit der Aufschrift: “Privat, kein Zugang.” Mittlerweile sind mindestens 30 Minuten vergangen und da sich niemand für unsere Ankunft zu interessieren scheint, begeben wir uns dann doch mal auf die Suche nach dem Besitzer – und machen mit einem äußerst seltsamen offensichtlich nicht gerade gastfreundlichen Menschen Bekanntschaft.  Was uns einfällt, hier einfach so herumzuspazieren, will er als erstes von uns wissen. Schließlich stehe da doch ausdrücklich “hier warten” und “privat”. Er könne doch wohl erwarten, dass man mal 5 Minuten Geduld hat! Unsere Rechtfertigung, dass es doch weit mehr als 5 Minuten waren und wir uns eigentlich nur freundlich bemerkbar machen wollten überhört er und geht sofort zum Geschäftlichen über. Einen Moment lang überlegen wir, ob wir nicht einfach wieder gehen sollten aber mittlerweile ist es halb zehn Uhr abends , wir sind hungrig, müde und nach diesem Tag nicht mehr fähig wirklich klare Gedanken zu fassen. Also bezahlen wir und wechseln ein paar belanglose Worte mit dem uns mittlerweile noch seltsamer vorkommenden Dieter, der anscheinend nicht gerne auf seine deutsche Herkunft angesprochen wird. Abschließend fragen wir noch nach der Küche, erfahren dass es mehrere Holzöfen gibt und Geschirr bei ihm persönlich auszuleihen sei. “Was braucht ihr denn?” Wir überlegen kurz: “Mmhh, einen Topf, Teller und Löffel auf jeden Fall.” Und genau das bekommen wir auch – einen mitgenommenen Aluminiumtopf ohne Henkel und Deckel, 2 Plastikteller und 2 Löffel. Kurz bevor wir gehen schaut dann noch die Polizei vorbei und erkundigt sich nach irgendeinem Straftäter, der anscheinend hier übernachtet hat…Seltsamer Ort, denken wir und trotten mit unseren Rucksäcken und dem Geschirr zu unserer Hütte. Für 48,- CAD  bekommen wir eine Bretterbude mit Bett, Tischplatte, Stuhl und ein paar Decken. In der Outdoor”küche” finden sich mehrere Holzöfen – „Marke Hippiekiller“ – ohne Feuerholz und auf der Suche nach solchem entdecken wir einen Haufen Altholz mit Brettern, Ästen und Latten aus denen rostige Nägel sprießen sowie ein Schild mit der Aufschrift: “Holz hacken auf eigene Gefahr. Auf Nägel aufpassen.” Gary hackt missmutig ein paar Scheite zurecht und versucht mit dem klammen Holz den Ofen, der dringend eine Generalreinigung notwendig hätte zum starten zu bringen. Wir platzieren den verbeulten deckellosen Topf auf dem Feuer und passen dabei auf, ihn nicht zu dicht ans Ofenrohr zu stellen, denn aus dem Schornstein rieselt unablässig alter Ruß, den wir nicht unbedingt als Suppeneinlage haben wollen. Wie erwartet dauert es eine halbe Ewigkeit bis das Essen halbwegs warm ist und wir suchen in der Zwischenzeit in den speckigen Regalen nach einem Utensil um den henkellosen Topf anfassen zu können. Wir finden etwas einem Topflappen ähnliches, löffeln eintönig unsere Suppe von den Plastiktellern und ärgern uns über das rausgeschmissene Geld. Wieder bei unserer Hütte, stellen wir fest, dass von den versprochenen Kerzen nur noch unanzündbare Reste übrig sind und da Dieter längst wieder verschwunden ist, sitzen wir bald im Stockdunkeln. Wenigstens haben wir eine Stirnlampe eingepackt und finden somit zumindest das Plumsklo…und die Whiskeyflasche aus der wir uns jetzt zum Abschluss dieses Tages einen ordentlichen Schluck genehmigen.

Irgendwie ist das schade, denken wir. Die Idee ist schon toll und vielleicht war dieser Ort ja auch mal schön. Aber wir empfinden ihn leider als ziemlich ungastliche und ungepflegte Einrichtung, der wir am nächsten Morgen ohne Abschied schleunigst den Rücken kehren und uns wieder auf die andere Flusseite begeben.

“Einzug” in Dawson

"Cowboy parking"Nach einem Frühstück im Bistro an der Front Street ziehen wir ersteinmal Bilanz: Es ist Samstag und alle Werkstätten (es gibt ohnehin nur 3) haben geschlossen. Also nichts was wir im Moment wirklich tun können, außer uns nach einer bezahlbaren längerfristigen Unterkunft in der Stadt umschauen. Obwohl das Problem mit der Kupplung noch nicht genau geklärt ist, sind wir uns im Klaren dass es auf jeden Fall gravierend sein und dauern wird. Schließlich befinden wir uns in einem ziemlich abgelegenen Ort im Yukon und haben keine Ahnung wie viel Zeit es wohl brauchen wird Ersatzteile hierher geliefert zu bekommen.

Wir fragen nochmal in der äußerst freundlichen und hilfsbereiten Touristeninformation nach Übernachtungsalternativen – und haben Glück! Hier gibt man uns nicht nur den Tipp, beim Bunkhouse nach Wochenpreisen zu fragen, sondern stellt auch den Kontakt zu Erich her, einem pensionierten deutschen Goldsucher, der anscheinend eine Leidenschaft für Land Rover hat. Keine 10 min später steht Erich, ein beeindruckender sympathischer Herr, auf dem Parkplatz und schaut sich das Problem an. Viel kann er uns natürlich auch nicht dazu sagen, aber er bietet uns seine Hilfe an, was wir dankend annehmen. So schleppt er unseren Landy ab an einen günstigeren Platz, fährt uns herum und lädt uns am Nachmittag auf seine Terrasse zu Tee (und Bier J) ein. Wir dürfen sogar sein Auto benutzen, um unsere Propangasflasche außerhalb der Stadt aufzufüllen und sind ganz sprachlos bei so viel Hilfsbereitschaft! Im Bunkhouse bekommen wir tatsächlich ein Zimmer mit unschlagbar günstigem Wochenpreis und man erlaubt uns freundlicherweise auch unseren Kocher auf dem Balkon aufzubauen. Damit hat sich auch die Frage nach Kochmöglichkeiten geklärt. So sitzen wir mit einem Kaffee an unserem Campingtisch auf dem gemeinschaftlichen Balkon in der Sonne und sind eigentlich ganz zufrieden mit unserer Situation. Das Bunkhouse ist einfach eingerichtet, aber schön und sympathisch – wir fühlen uns wohl hier.

Gary  nutzt das angefangene Wochenende um an sämtliche Land Rover Teile-Anbieter in Amerika und Europa zu schreiben um eine ungefähre Vorstellung von Lieferzeiten und Preisen zu bekommen. Von RovahFarm bekommen wir ein recht gutes Angebot (die Lieferzeit beträgt ca. 7 – 10 Tage) und bestellen gleich ein ganzes Kupplungsset. Schließlich wäre es wirklich dumm alles auszubauen (was beim Defender ohnehin ein riesiger Aufwand ist), dann festzustellen dass ein entscheidendes Teil fehlt und nochmal 10 Tage zu warten…Einen Werkstatttermin können wir ohnehin erst ausmachen wenn klar ist wann genau die Teile kommen und so haben wir jetzt jede Menge Zeit um die Stadt zu erkunden und zu genießen.

Unsere Unterkunft ist so perfekt gelegen, dass wir praktisch alles direkt vor der Nase haben – davon abgesehen kann man in Dawson sowieso fast alles in kürzester Zeit zu Fuß erreichen. Und so unternehmen wir viele Spaziergänge in jeden Winkel der Stadt und entdecken dabei immer wieder Neues; wandern auf den Midnight Dome (Dawson’s Hausberg) von dem man herrliche Ausblicke in alle Richtungen hat; erfreuen uns an den vielen Raben die wir überall beobachten können; machen die abendliche und wirklich großartige Stadtführung “Strange things done under the Midnight Sun” mit und erfahren dabei sämtliche kuriose Dawson City-Geschichten (Eine davon ist übrigens der Sourtoe Cocktail, der im Downtown Hotel serviert wird – wir haben ihn gesehen aber nicht getrunken…). Freitags gehen wir ins älteste Hotel der Stadt um “Harmonica George”, einen genialen Mundharmonika Spieler zu sehen, Samstags kaufen wir bestes regionales Gemüse auf dem Bauernmarkt und Sonntags genießen wir herrliches Brunch bei Klondike Kates. Wir kommen sogar in den Genuss eines Konzerts des aus Ontario stammenden Liedermachers Craig Cardiff – definitiv ein Erlebnis! Einen Besuch bei Diamond Tooth Gerties , dem ältesten Casino Kanadas, mit Variete-Show lassen wir uns natürlich auch nicht entgehen! Bei schönem Wetter laden die Wiesen am Yukon zum Picknicken und Sonnenbaden ein und ansonsten machen wir etwas, dass wir schon sehr lange nicht mehr gemacht haben: Ja, richtig: Filme schauen! Die Videothek ist natürlich auch gleich um die Ecke und wir nehmen das ausgiebig in Anspruch.

The Spirit of Dawson City

Dawson City ist ein ganz besonderer Ort mit einer ganz besonderer Ausstrahlung. Das kann man deutlich spüren. Aber was genau ist das Besondere? Auf den ersten Blick ist es einfach nur ein  hübsches Städtchen abgelegen im hohen Norden. Aber da ist noch viel mehr. Die meisten Leute, denen wir in Dawson begegnet sind, empfinden das so und jeder spekuliert darüber, aber keiner kann genau sagen was es ist. Vielleicht hängt es mit der Vergangenheit und dem vielen Gold zusammen; vielleicht damit dass hier niemand lebt, der nicht wirklich hier sein will; vielleicht mit der rauhen aber wunderbaren Natur des Nordens. Vielleicht ist es ein Ort der Individualisten, denn kein Haus oder Garten gleicht hier dem anderen. Wenn man durch die Straßen geht entdeckt man ausschließlich individuelle Häuser und Grundstücke; keines ist wie das andere und ein Spaziergang ist immer wieder eine spannende Sache! Und man trifft natürlich die individuellsten und unterschiedlichsten Menschen – manchmal mit den bärtigsten Gesichtern, aus denen Geschichten sprechen. “Weißt du”, sagt Robert, der Geschäftsführer vom Bunkhouse – auch ein bemerkens- und liebenswerter Mensch – einmal zu mir  “Wenn Leute über Dawson sprechen dann haben sie oftmals Tränen in den Augen.” Ich muss gestehen, mir geht es genauso während ich dies hier schreibe.

Noch kein Ende in Sicht

Als wir nach einer Woche feststellen, dass sich unser Paket mit den Ersatzteilen nicht mehr von der Stelle bewegt, werden wir langsam etwas unruhig und haken nach. Und tatsächlich: Es hängt beim Zoll fest, nur leider hatte uns FedEx nicht darüber informiert, dass wir erstmal die Gebühren zahlen müssten bevor es weiter geschickt werden könnte. Als es dann mit einiger Verspätung bei uns eintrifft, hat aber natürlich erstmal keine der Werkstätten einen Termin frei. Bei Small Town Automotive verspricht man uns zu tun was man kann, aber einen Termin  können sie uns auch nicht geben – schon gar nicht weil unser Kupplungsproblem wohl einen ganzen Tag Arbeit bedeuten wird. Wir einigen uns darauf, dass Auto schonmal dort aufs Gelände zu stellen damit es an die Reihe kommt sowie etwas frei ist. Unser Zimmernachbar Adam erklärt sich netter Weise bereit, uns mit seinem Truck dorthin abzuschleppen. Dann bleibt uns nichts weiter übrig als zu warten. Es ist mittlerweile Mittwoch, der 2. September und am Montag macht das Bunkhouse zu – die Touristensaison ist hier im Norden vorüber. Da wir bis Freitag nichts hören, fragen wir nach – nur um zu erfahren, dass man leider noch nicht mit der Arbeit anfangen konnte…Und jetzt? Bis Montag ist das Auto dann garantiert nicht fertig. Aber die feundliche skandinavische Besitzerin vom Bunkhouse hat auch hierfür eine Lösung und  verspricht uns, dass wir noch ein paar Tage länger bleiben dürfen – bis spätestens Donnerstag, denn dann würde das Wasser abgestellt. Erleichtert über diese Frist atmen wir auf.

Klondyke Cream and CandyDer Winter kommt früh im Norden und Anfang September fühlt sich für uns an wie sonst Mitte Oktober. Es ist merklich kühl und fast können wir zuschauen wie sich die Blätter täglich mehr verfärben und sachte von den Bäumen fallen. Alles fängt an sich auf den Winter vorzubereiten und es ist ein eigenartiges Gefühl, zu sehen wie mehr und mehr Leute die Stadt verlassen. Aber da wir nun so lange hier sind, bekommen wir auch noch ein besonderes Geschenk mit: Der örtliche Eisladen “Klondyke Cream & Candy” lädt zum Abschluss der Saison am Sonntag alle Leute zum kostenlosen Eis essen ein – bis alles leer ist! Das lassen wir uns natürlich nicht 2 Mal sagen! Fast wie verabredet zeigt sich das Wetter noch mal von seiner schönsten Seite und so stehen wir am Nachmittag mit vielen anderen Familien, Kindern, Rentnern und Touristen in einer langen Schlange (halb Dawson scheint gekommen zu sein) und freuen uns auf kostenloses Eis! Schon allein das ist ein Erlebnis, denn immer wenn jemand mit einer Tüte Eis heraus kommt hört man Mmmhh und aahh in der Schlange und die Kinder malen sich aus, wie viele unterschiedliche Eissorten sie wohl auf einmal essen können. Als wir dann schließlich auch so ein köstliches Eis in der Hand halten, begeben wir uns auf die Yukon-Wiesen, wo es sich schon viele in der Sonne gemütlich gemacht haben. Überall sieht man Eis schlemmende Leute mit glücklichen Gesichtern. Herrlich, so etwas gibt es wohl auch nur in Dawson!

 

“Welcome to the Hotel California”

Autum ColoursAm Dienstag bekommen wir dann den erlösenden Anruf von der Werkstatt und holen am Abend das Auto ab. Bei einer kleinen Probefahrt funktioniert die Kupplung einwandfrei und wir sind guter Dinge am nächsten Tag in Richtung Alaska aufzubrechen – allerdings ist irgendetwas lauter als sonst. Erst denken wir, es liegt vielleicht einfach an der neuen Kupplung aber dann läßt es Gary doch keine Ruhe und er entdeckt dass die Schalldämpfungsmatte über dem Getriebe fehlt. Als er die Gummiabdichtung entfernt hat schauen wir direkt durch ein Loch ins Freie – kein Wunder, dass es laut ist! Das kann natürlich nicht so bleiben, schon gar nicht für 1200 CAD, die wir für die Reparatur bezahlt haben! Früh am nächsten Morgen stehen wir wieder auf der Matte und erfahren, dass die Schalldämpfungsmatte beim Einbau gerissen ist. Man hatte sie einfach weggeschmissen und die Gummiabdichtung wieder drüber gelegt – natürlich ohne uns zu informieren…nicht gerade vertrauenswürdig finden wir und fragen uns ob wir wohl noch mehr nicht wissen. Aber da wir keine Lust auf längere Diskussionen haben, schnappt sich Gary die abgerissene Matte, welche zum Glück noch da ist und baut sie selbst behelfsmäßig wieder ein. Wir packen zusammen und haben noch ein Abschiedsfrühstück im Bistro, bevor wir uns nun zum 3. Mal auf den Weg zur Fähre machen – diesmal mit Auto. Nicht ohne auch ein bißchen Wehmut verabschieden wir uns von Dawson City und setzen nach fast 3 Wochen hier unseren Weg fort. Aber schon nach nur wenigen Kilometern fällt uns das Nächste Problem auf: Wir fahren bergauf und die Motortemperaturanzeige bewegt sich kontinuierlich nach oben! Du lieber Himmel, was ist das denn jetzt? Wir halten erstmal an und warten ein wenig. Als sich die Temperatur wieder normalisiert versuchen wir es mit vorsichtigem Weiterfahren – aber schon nach kurzer Zeit geht das Spiel von vorne los. Herrje, was sollen wir jetzt machen? Die nächste Stadt ist ewig weit weg und wir wollen nicht riskieren, mitten im nirgendwo mit Motorschaden stehen zu bleiben. Also gibt es  nur eins: zurück nach Dawson! Als wir wieder bei der Fähre stehen, fällt uns ein gewisser Song ein: “Welcome to the Hotel California. You can check out any time you like, but you can never leave…” Einigermaßen deprimiert kommen wir wieder auf der anderen Seite des Flusses an – nur um festzustellen, dass unsere Werkstatt heute ausnahmsweise mal früher geschlossen hat. Wir versuchen es bei der anderen Werkstatt, aber hier hat vor Samstag niemand für uns Zeit. Völlig niedergeschlagen fahren wir wieder in Richtung Touristeninfo, als uns auffällt, dass es nicht nur die Temperaturanzeige ist, die sich eigenartig verhält. Wenn wir das Licht angeschaltet haben und Gas geben geht die Temperaturanzeige langsam hoch und die Tankanzeige runter. Das war uns vorher nicht aufgefallen, da das Licht ausgeschaltet war. Auch der Blinker “spinnt” jetzt und langsam wird uns klar (richtiger Gary wird klar), dass das ein Kurzschluss sein muss! Wir atmen erstmal auf – also nichts mit dem Motor! Allerdings kann man ja bekanntlich tagelang nach einem Kurzschluss suchen wenn man nicht weiß wo der ist. Also sollten wir vielleicht am nächsten Tag nochmal zur Werkstatt und nachfragen. Vielleicht wurde vergessen irgendetwas anzuschrauben, oder irgendetwas ist kaputt gegangen…? Aber werden wir dort überhaupt eine ehrliche Antwort bekommen? Nach der Geschichte von heute Morgen sind wir uns da nicht mehr sicher.  Außerdem hatten wir das Auto noch kurz vor der Abfahrt per Hochdruckreiniger abgespritzt um die Reste vom Dempster Highway endlich mal abzuwaschen. Vielleicht haben wir das damit selbst verursacht? Wir wissen es nicht, aber wir wollen jetzt eigentlich auch endlich los – Kurzschluss hin oder her! Und so begeben wir uns zum 5. Mal zur Fähre – diesmal wild entschlossen heute noch nach Alaska zu fahren.

Top Of The World Highway

Schon bei den Reisevorbereitungen hatten wir ihn auf der Karte gesehen und gesagt “da wollen wir unbedingt hin!”. Vom Midnight Dome aus hatten wir ihn gesehen wie er sich auf der anderen Seite des Yukon bergauf schlängelt. Und immer wieder hatten wir etwas sorgenvoll hinübergeschaut in dem Wissen dass er gesperrt werden würde sobald der Schnee kommt und damit nichts aus unserem Plan werden würde. Aber nun fahren wir bei herrlichstem Wetter am Abend des 9. September tatsächlich über den Top of the world Highway nach Alaska! Wir hatten uns immer gefragt, warum er denn “Top of the world” heißt, schließlich gibt es weitaus nördlicher oder höher gelegene Straßen. Aber jetzt wissen wir es: Die Straße schlängelt sich wie ein Höhenweg von einem Bergrücken zum anderen. Die ganze Zeit über genießt man einen fantastischen Rundumblick und hat wirklich das Gefühl über der Welt zu fahren. Die 100 km bis zur Grenze sind atemberaubend schön, noch dazu leuchten die Herbstfarben im Abendlicht und wir fühlen uns wie entschädigt nach diesem nervenaufreibenden Tag. Gegen 19:00 Uhr erreichen wir die Grenze zu Alaska und damit beginnt ein neues Abenteuer.

Danke Dawson!

Vielen vielen Dank für eine wunderbare Zeit! Wir möchten uns besonders bedanken bei Erich für deine unglaubliche Hilfsbereitschaft und inspirierende Gespräche, bei der Touristeninformation von Dawson City für die Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft und die super Stadtführung, beim Dawson City Bunkhouse für die freundliche Aufnahme, Hilfe und dafür dass wir auch nach Saisonende noch ein paar Tage bleiben durften, bei Adam fürs Abschleppen vom Landy und für deine Radioshow beim Dawson City Radio ;-), bei Klondyke Cream & Candy für das tolle kostenlose Eis essen, und überhaupt beim Schicksal, dass uns dazu gebracht hat hier eine unvergessliche Zeit zu verbringen.