Welcome To Fabulous Las Vegas!

(31. Januar – 09. Februar 2016)

Stadtbesuche sind aufgrund unserer Ausrüstung und unseres Budgets eine eher seltene Angelegenheit auf dieser Reise; doch bei Las Vegas ist das anders: von vornherein steht fest dass wir dort hin wollen – und zwar mit allem drum und dran. Städte gibt es viele, aber es gibt wohl keinen Ort den man mit der verrückten Welt von Las Vegas vergleichen könnte. Das müssen wir sehen! Und was uns hier erwartet übertrifft unsere Vorstellungen bei weitem: Welcome to fabulous Las Vegas!

Wenn mitten in der Nacht der Drogendealer an die Tür klopft…

…dann weiß man wo man in Las Vegas gelandet ist – nämlich in einem Hotel der 2. Reihe. Natürlich können wir uns eines der tollen Hotels direkt am Boulevard nicht leisten und so checken wir im Super 8 ein, dass zwar nur ein paar 100 Meter vom Strip entfernt liegt aber eben in der 2. Reihe  wo nicht mehr alles ganz so schillernd ist. Das Hotelpersonal mahnt uns auch sogleich nur entlang der Hauptstraßen zu laufen und vor allem nachts ja keine Abkürzung zu benutzen. Entlang der Hauptstraße seinen wir sicher, aber bei kleineren Gassen wisse man nie wer sich dort so rumtreibt und was er vor habe…’Heißes Pflaster‘, denken wir und da wir nicht ins Parkhaus passen fragen wir vorsichtshalber doch einmal nach wo wir denn am besten parken sollen. Schließlich haben wir unsere Fahrräder dabei und einiges an Hab und Gut in den Kisten. Alles ist zwar mit extra dicken Schlössern gesichert aber man weiß ja nie. Dort wo wir gerade stehen – nämlich direkt an der Straße – ist kein guter Platz, erklärt uns der freundliche Herr an der Rezeption. Viel besser sei es in dem U-förmigen Innenhof des Hotels direkt neben dem Swimmingpool. Der Platz ist die ganze Nacht hell erleuchtet und sämtliche Zimmerfenster zeigen in den Hof. Unmöglich, dass hier jemand unbemerkt ins Auto einbrechen kann, denken wir und fühlen uns sicher. Das Fahrradschloss oder die Kisten einfach so aufzubrechen ist ebenfalls unmöglich, denn dafür bräuchte man schweres Gerät, was der Gelegenheitsdieb wohl für gewöhnlich nicht dabei hat. So beziehen wir beruhigt unser Zimmer und begeben uns zum Abendessen ins Hoteleigene Casino, das hervorragendes Essen zu unschlagbaren Preisen anbietet. Essen gehen ist in Las Vegas ganz entgegen unserer Erwartung äußerst günstig. Die Casinos liefern sich geradezu einen Wettbewerb um damit Gäste anzulocken. Insbesondere in der „2. Reihe“ gibt es daher unglaublich günstige Angebote; und so genießen wir ein hervorragend zubereitetes Steak zum Preis von knapp 10 USD! Das im Übernachtungspreis enthaltene (allerdings spartanische) Frühstück wird auch im Casino serviert –  was ein surreales Gefühl ist schon morgens vor dem ersten Kaffee an Spieltischen und etlichen blinkenden Automaten vorbei zu laufen – Las Vegas Live!

An unserem zweiten Morgen erleben wir allerdings schon vor dem Frühstück was Las Vegas Live sonst noch bedeutet, denn als wir einfach nur schnell mal nach dem Landy schauen wollen, müssen wir uns die Augen reiben: irgendetwas sieht anders aus…irgendetwas fehlt! Erst langsam und dann schlagartig tritt das Bild, das sich uns bietet in unser Bewusstsein. Die Fahrräder sind weg! Wir trauen unseren Augen kaum, und doch – sie sind weg! Genau das was wir für so ziemlich unmöglich gehalten haben ist tatsächlich geschehen: Jemand (oder wahrscheinlich gleich mehrere) ist mit schwerem Gerät wieder gekommen, hat schnell das dicke Schloss und die Schnüre durchgeschnitten – bei voller Beleuchtung – und keiner hats gemerkt! Einigermaßen geschockt stehen wir erstmal eine Zeitlang auf dem Parkplatz herum und starren fassungslos auf die zerschnittenen Riemen und die 2 Teile der Stahlkette. Verdammter Mist! Wir laufen zur Rezeption um den Vorfall zu melden, doch hier zeigt man sich recht unbeeindruckt darüber. Auch daran, dass wir ja gerade auf Empfehlung des Hotels an eben jener „sicheren“ Stelle geparkt hatten scheint sich heute niemand zu stören. „Eigenes Risiko“, heißt es – und damit hat sichs. Zumindest ruft man aber den Sicherheitschef, der es gut mit uns meint und den Vorfall ehrlich bedauert. Dieser Parkplatz sei ein schlechter Tipp gewesen, meint er. Zu ruhig. An der Straßenseite sei es seiner Meinung nach belebter und daher sicherer. (Da könnte man ja fast meinen, der Hotelangestellte steckt mit den Räubern unter einer Decke…) Er händigt uns ein Formular aus mit dem wir zur Polizei gehen. Die Chance dass wir unsere Fahrräder nochmal wiedersehen ist zwar gleich null, aber ganz tatenlos wollen wir schließlich auch nicht  bleiben. Wir verbringen den Vormittag auf der Wache  – ein Erlebnis für sich – und sind einen halben Tag lang deprimiert, ärgerlich und entnervt. Danach lassen wir es gut sein. Schließlich kann man jetzt sowieso nichts mehr machen. Vielleicht war es ohnehin nicht die beste Idee, die Fahrräder mit auf diese Reise zu nehmen – so selten wie wir sie letztendlich benutzt haben. Etwas gelernt haben wir jedenfalls!

Damit nicht genug erfahren wir an diesem Tag nochmals was es heißt in Las Vegas in der 2. Reihe zu übernachten. Irgendwann mitten in der Nacht klopft es an unserer Zimmertür. Völlig schlaftrunken ignorieren wir das erstmal, aber es klopft wieder. Vielleicht hat sich jemand in der Zimmertür geirrt, denken wir und Gary schaut nach. Doch vor ihm steht nicht etwa ein Hotelgast, sondern ein völlig benebelter Mann mit einer Tüte voll Pillen in der Hand. „Hey man, wanna buy some Diazepine?“ (Willst du Diazepam kaufen?), lallt er. „No.“, antwortet Gary verdutzt und macht die Tür wieder zu. So mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen, sind wir anscheinend auch zu keinem klaren Gedanken fähig und kommen noch nicht einmal auf die Idee, an der Rezeption anzurufen, damit der Mann dem es irgendwie gelungen ist unbemerkt herein zu kommen nicht das halbe Hotel aufweckt. Wir können nur „was war das denn?“ denken, nehmen uns vor beim etwaigen nächsten Klopfen nicht mehr zu öffnen und schlafen wieder ein. Welcome to the dark side of Las Vegas!

Spielbeginn im Paris

Bis auf den Verlust der Fahrräder haben wir eine äußerst schöne, ja fantastische Zeit in Las Vegas. Allerdings hätten wir nie gedacht, dass wir letztenendes so viel Zeit hier verbringen würden. Der interessante Teil ist schließlich nur 2 km lang und da hat man ja schnell alles gesehen – denken wir. Und so stellen wir uns vor, an einem Tag nach links zu laufen, am anderen nach rechts und das wars dann wohl…Doch weit gefehlt, denn schon am ersten Tag kommen wir überhaupt nicht weit und bleiben nach nur wenigen Metern im Hotel und Casino „Paris“ hängen. Nach meiner bisherigen Erfahrung waren moderne Casinos alle ziemlich gleich, mehr oder weniger edel und im allgemeinen eher langweilig. Doch schon beim Eintreten ins Paris ist klar, dass Las Vegas ganz und gar anders ist. Wie angewurzelt bleiben wir stehen und staunen erst einmal mit offenem Mund: Wir befinden uns in einer eigenen Welt! In Frankreich! Paris nachgebaut mit allem drum und dran samt Eiffelturm! Unter einem wunderschönen künstlichen Himmel spazieren wir durch französisches Ambiente vorbei an Spieltischen und Automaten, passieren noble Restaurants und gelangen schließlich zu einer gemütlichen „Gasse“ mit Cafes, Straßenständen, Boutiquen und Restaurants. Man hat hier wirklich das Gefühl draußen an einem schönen Sommerabend durch die Straßen zu schlendern! Links und rechts köstliche und raffinierte französische Kuchen, Pasteten und natürlich frisches Baguette! Das hätten wir nicht erwartet. Wir sind begeistert und bezaubert, lassen uns von der Atmosphäre einfangen und erkunden staunend jeden Winkel. Bei all den Leckereien werden wir natürlich schnell schwach und sitzen bald – trotz unverschämten Preisen – mit 2 köstlichen und  kunstvoll verzierten Törtchen in einem Cafe. Ganz beglückt von diesen Leckereien, finden wir, dass wir uns nun ja auch mal an die Spieltische wagen könnten – schließlich sind wir in Las Vegas und da muss auch gezockt werden! Vorher setzen wir ein Spielbudget fest: 200 USD sind die Grenze für diesen Spaß. Sollten wir Pech haben und alles verspielen wars das und mehr Geld wird nicht investiert, so unsere selbstgemachte eiserne Regel. Wir schauen ein bisschen herum und ich stelle fest dass mich die Roulette Tische faszinieren. Noch nie habe ich in einem Casino an einem Tisch gespielt, höchstens mal in einen Automaten ein paar Euro reingeworfen, aber auch schnell wieder die Lust daran verloren. Bei den Spieltischen ist das anders. Nach einigem Zusehen und Zögern wage ich es schließlich und kaufe mit Herzklopfen meine ersten Spielchips im Wert von 20 USD. Ich habe ehrlich keine Ahnung von dem Spiel, aber anscheinend ist das auch nicht nötig. 10 USD ist der Mindesteinsatz an diesem Tisch und so verteile ich 10 Chips großflächig auf dem inneren Spielfeld. Das Rad wird gedreht, nichts geht mehr…und: die 11! Volltreffer! Mein 1 Dollar Chip auf der 11 hat sich soeben ver36facht! Gleich beim ersten Mal! Ich springe auf und juble! Auf gehts in Runde 2, und wieder: Volltreffer! Das gibt’s ja gar nicht – ich bin ein Spielergenie! Na wenn das so einfach ist, dann sollten wir hier länger bleiben und ordentlich Geld in die Reisekasse spielen! Der Croupier lacht: „Ja so ist Las Vegas“, sagt er. „Viele gewinnen beim ersten Mal…“ „Und dann hängen sie an der Angel.“, ergänzt ein anderer Spieler am Tisch den Satz. Es geht weiter, eine richtige Glückssträhne ist das und mein Berg von gewonnenen Chips wächst proportional zu meinem Spielerstolz. Als ich bei 80 USD bin schlägt Gary vor, aufzuhören und den Gewinn jetzt mitzunehmen. „Nein, nein. Ich kann es bis hundert schaffen!“, rufe ich ganz aufgeregt. Gary rollt mit den Augen. „Na das ging ja schnell“, bemerkt er. „Ich wusste nicht dass in dir so ein Zocker steckt.“ „Ich auch nicht.“, stelle ich fest und verteile abermals meinen Einsatz auf dem Tisch. Natürlich kommt irgendwann was kommen muss: die Glückssträhne ist zu Ende und ich streiche mehr Verluste als Gewinne ein. Bei nur noch 60 USD, bin ich wieder auf dem Boden der Tatsachen angelangt, gebe mich geschlagen und nehme den Gewinn mit. Aber das war ein Spaß! Und nicht schlecht: 40 USD Gewinn beim ersten Mal; das Abendessen ist gerettet! Mittlerweile ist es auch tatsächlich schon später Nachmittag. Die Stunden sind vergangen wie im Flug und wir haben bisher ganze 50 m vom Strip gesehen. 3 Tage (wie ursprünglich geplant) sind anscheinend nicht genug…

Caesar, Sphinx und Co – Blitzehen, Zocker und Verrücktheit ohne Grenzen

Nach dem grandiosen ersten Nachmittag auf dem Strip freuen wir uns wie kleine Kinder darauf, mehr von dieser verrückten Welt zu entdecken. Und was wir in den nächsten Tagen alles sehen und erleben übertrifft unsere Vorstellungen bei weitem! Von ägyptischer Pyramide mitsamt Sphinx im Luxor Hotel über mittelalterliche Atmosphäre im Excalibur zu den Straßen von New York! Von Rom über die Schatzinsel bis nach Venedig mitsamt Kanal und Gondeln! Wir besuchen den knallbunten mehrstöckigen m&ms Laden, bewundern die Wasserfontänen vom Hotel Bellagio und Schick und Glamour im Cosmopolitan. Das und noch viel mehr gibt es in Las Vegas. Tagsüber ist es überwältigend und grandios, nachts ist es unglaublich! Alles schillert und blinkt, überall ist etwas los, 24 Stunden Partystimmung das ganze Jahr. Wir können verstehen, dass hier Blitzehen geschlossen und wahrscheinlich auch spontan Kinder gemacht werden, denn es ist ganz leicht, hier Raum und Zeit vergessen. Man ist wie im Rausch, wie beflügelt, wie in einer anderen Welt. Wir finden es großartig!

Showtime

Natürlich darf bei unserem Besuch auch eine Show nicht fehlen und passend zu Las Vegas entscheiden wir uns für „Zumanity“ im New York New York. So richtig wissen wir nicht was uns dort wohl erwartet, außer dass es die einzige 18+ Show vom Cirque du Soleil und alles oben ohne ist. Wie sich schnell herausstellt, ist das Ganze nicht einfach irgendein mittelklassiges halbnacktes Herumgehopse, nein es ist Weltklasse Zirkus verpackt in ein völlig neues Kostüm. „Zumanity“ ist der absolute Hammer, wohl die beste Show, die wir jemals gesehen haben und absolut empfehlenswert. Wir sind vollauf begeistert und finden dass der Eintrittspreis von knapp 80 USD jeden einzelnen Cent wert ist. Ich bin nur froh, dass wir nicht im Besitz teurer Karten sind, denn aus den ersten 2 Reihen wird ausnahmslos und hemmungslos jeder in das Programm miteinbezogen – so manch einem verschlägt es dabei glatt die Sprache und ich hätte bei den Späßen, die dort mit den Leuten gemacht werden sicher auch einen knallroten Kopf bekommen und all mein Englisch vergessen.

Unerwartetes Familientreffen

Zufällig sind Gary’s Onkel Real und Tante Bella, die er seit über 10 Jahren nicht mehr gesehen hat zur gleichen Zeit in Las Vegas wie wir und sie laden uns spontan in ihre Ferienwohnung ein. Das nehmen wir natürlich gerne an und so werden aus unseren ursprünglich geplanten 3 ganze 10 Tage; und Las Vegas wird ganz entgegen unserer Vorstellungen wie zu einem Erholungsurlaub für uns. Urlaub vom Camping, von kalt, Wind und Wetter, von täglich draußen kochen, vom ständigen Packen, von Ruhe und Einsamkeit – schlichtweg das komplette Kontrastprogramm zu dem was wir sonst so machen – es ist herrlich und anscheinend genau das Richtige nach so langer Zeit draußen! Wir genießen die Zeit zusammen, besuchen fantastische – und wie bereits erwähnt sehr günstige – Buffets (Vor allem das Buffet im Hotel Mirage ist ein kulinarisches Highlight!), und wenn wir nicht gerade auswärts essen kommen wir nun auch noch in den Genuss von Tante Bellas hervorragenden Kochkünsten!

Pech im Spiel, Glück in der Liebe :-)

Natürlich bleibt es auch nicht bei dem einen Mal Roulette spielen. Doch der fixe Traum vom Auffüllen der Reisekasse zerplatzt ziemlich schnell. Bei meinem nächsten Spiel ist der gesamte Einsatz innerhalb von 5 Minuten weg – ja, so ist das mit dem Spielen…Gary versucht sich ein paar Mal im Black Jack, scheint aber hier auch kein Glück zu haben. Nun, gab es da nicht mal so ein Sprichwort? Doch auch ohne großen Gewinn ist es einfach spannend, in diese so ganz andere Welt einzutauchen; und unser festgesetztes Spielbudget ist absolut nichts im Vergleich zu den Summen, die wir hier täglich über den Tisch gehen sehen. Tausende, ja Zehntausende werden da auf einmal verspielt (und auch gewonnen) als sei es nichts. An unserem letzten Abend versuche ich nochmal mein Glück im Roulette. Diesmal im Caesars Palace, einem der schönsten Casinos von Las Vegas. Es ist einiges los an diesem Abend, fast alle Tische sind voll besetzt und wir müssen warten um einen Platz zu bekommen. Ich lege den Mindesteinsatz von 10 USD auf den Tisch, eigentlich nur um nochmal kurz in dieser einmaligen Atmosphäre dabei zu sein und in der Erwartung dass sowieso gleich alles weg ist. Doch diesmal ist es anders und es erwartet mich ein ziemlich aufregendes Spiel. Mal scheint es, als sei dies die letzte Runde, dann wieder ein voller Gewinn, fast alles verloren und doch in letzter Sekunde gerettet! Mit meinen 10 USD halte ich mich über 2 Stunden lang im Spiel. Welche Unsummen an Geld in dieser Zeit vor unseren Augen den Besitzer wechseln ist schier unglaublich. Jemand setzt 500 USD auf eine einzige Zahl und innerhalb von Sekunden ist alles weg. Wir beobachten wie mehrere Tausende auf einen Schlag verspielt werden – und auch gewonnen. Große Scheine werden einfach aus der Hosentasche gezogen und wortlos auf den Tisch gelegt. Tausend Dollar verloren? Kein Problem, der nächste Tausender kommt auf den Tisch und weiter gehts. Oft können wir es gar nicht fassen wieviel Geld hier innerhalb von Sekunden verspielt wird. Dimensionen einer anderen Welt! Nach über 2 Stunden Nervenkitzel habe ich schließlich genug und verlasse den Tisch mit genau den 10 USD vom Anfang. Nichts gewonnen, nichts verloren, aber jede Menge Spaß gehabt – und genau darauf kommt es schließlich beim Spielen an!

 

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