Auf dem Weg nach Norden – durch Alberta und British Columbia

30. Juli – 06. August 2015

Nach den 2 Wochen Pause in Edmonton und inzwischen monatelang im Flachen, können wir es nun kaum mehr erwarten, endlich in die Berge zu kommen. Mittlerweile hat sich ein richtiges „Bergweh“ bei uns eingestellt und wir sind freudig aufgeregt als wir uns wieder auf den Weg machen.

Auf der Route 40

Aus diesem Grund wollen wir auch nicht den direkten Weg nach Alaska einschlagen, sondern fahren einen kleinen Schlenker über die Route 40 um schon mal ein bisschen Bergluft zu schnuppern. Nach einigen Stunden erneuten Flachlands auf dem Highway 16 tauchen dann am Horizont die ersten Umrisse der Berge auf – so etwas haben wir seit unserem Aufbruch aus dem Allgäu nicht mehr gesehen und wir fühlen uns fast heimisch bei diesem Anblick. Als wir am Abend im William A. Switzer Provincial Park ankommen, merken wir auch gleich einen ordentlichen Temperaturunterschied und kochen unser Abendessen zum ersten Mal seit langem bei frischer Bergluft. Am nächsten Tag schwingen wir uns auf Rad für eine kleine Mountainbiketour, bei der wir ordentlich schwitzen – unsere Beine sind es gar nicht mehr gewöhnt, dass es bergauf geht und beschweren sich gleich beim ersten Anstieg…

Die Weiterfahrt führt uns nach Grand Cache, wo gerade das „Canadian Death Race“  stattfindet. Der Name kommt nicht von ungefähr – 125 km müssen von den Teilnehmern in maximal 24 Stunden bewältigt werden. Dabei überqueren sie mehrere Berggipfel und mit einem Höhenunterschied von insgesamt 5180 Metern! Man kann das ganze als Team von maximal 5 Läufern angehen, aber die ganz Harten laufen die gesamte Strecke alleine und zwar in weitaus weniger als 24 Stunden – irgendwie Übermenschlich finden wir, aber definitiv bewundernswert! Auf jeden Fall ist in Grand Cache wegen diesem Ereignis alles bis auf den letzten Platz ausgebucht. Aber wir haben Glück und bekommen auf einem abgelegeneren Campingplatz, den man nicht reservieren kann die letzte freie Stelle. Bei schönstem Sommerwetter unternehmen wir noch einen Abendspaziergang zum Aussichtspunkt über den Sulphur River und genießen dann die Wettkampfatmosphäre zwischen den Death Race Teilnehmern, die sich auf den Start am nächsten Morgen vorbereiten.

Wir begnügen uns da im Gegensatz mit einer kleinen Wanderung zum Eaton Wasserfall bevor es weiter geht nach Grand Prairie. Was uns schon die ganze Zeit entlang der 40 auffällt, ist dass es überall wilde Campingplätze gibt, teilweise richtig schön gelegen und absolut legal. An manchen stehen sogar Schilder, die das Campen ausdrücklich erlauben (!) – „random camping“ nennt man das hier. Herrlich, wenn es das doch öfter geben würde!

Camping allowed

Wenn etwas „Prairie“ heißt, dann kann man wohl davon ausgehen dass es flach ist. Und so wundert es uns nicht, dass wir in Grand Prairie wieder vollkommen aus den Bergen draußen und von weiten Feldern umgeben sind. Irgendwie war das ein zu kurzer Abstecher, denken wir, kaufen das nötigste ein und machen uns schleunigst wieder auf den Weg in Richtung British Columbia.

Alaska Highway

Mile ZeroIn Dawson Creek fängt der berühmte Alaska Highway an. Ganz groß mit Schild und Touristeninfo wird hier angekündigt, dass man nun auf jeden Fall ein Abenteuer vor sich hat. Auch wir decken uns hier mit Informationen über Tankstellen, Campingplätze, Trinkwasser u.s.w. ein, bemerken aber auch, dass es hier gleich wesentlich touristischer zugeht als bisher, was auch wenig individuelle 0-8-15 Auskünfte in der Touristeninfo beinhaltet. Außerdem werden wir gleich ausdrücklich davor gewarnt, ja nicht dass Fluß- oder Brunnenwasser in der Region zu trinken. Anscheinend befinden wir uns in einem Fracking Gebiet und die Wasserqualität hat stark gelitten. Da denkt man, man ist an einem abgelegenen Ort und wo könnte das Wasser besser sein als hier, muss dann aber feststellen, dass die Ausbeutung der Erde überall stattfindet und auch (oder erst recht) vor vermeintlicher Wildnis nicht halt macht. Unsere Stimmung ist deswegen ein bisschen getrübt, als wir Dawson Creek verlassen – und wird auch erstmal nicht besser: „Alaska Highway“, das klingt so abenteuerlich, ist es aber erstmal nicht. Bevor es anfängt spannend zu werden, hat man eine schier endlose Strecke durch recht eintönige Landschaft vor sich – auf bestens geteerter Straße. Wir fahren und fahren durch endlosen Wald, passieren Orte mit verheißungsvollen Namen wie „Fort St. John“ oder „Buckinghorse River“, die sich aber als nichtssagend herausstellen und übernachtungstechnisch schaut es auch recht traurig aus. Die wenigen Campingplätze auf der Strecke sind nichts weiter als ein besserer Parkplatz, Picknickplätze gibt es gar keine (obwohl Schilder immer wieder welche ankündigen – allerdings bestehen sie dann aus einem Plumsklo und einem Mülleimer – sonst nichts), und so bleibt uns nur, irgendwann am Abend an einem unschönen Pull-off neben der Straße zu übernachten. So hatten wir uns die „Abenteuerstraße“ irgendwie nicht vorgestellt. Allerdings geht es anderen wohl auch nicht besser, denn an fast jeder Bucht neben der Straße steht am Abend jemand mit einem Camper oder Zelt, der wohl auch nichts Besseres gefunden hat.

Der nächste Tag begrüßt uns mit Regen und wir haben keine Lust noch länger an diesem unschönen Ort zu bleiben. Ohne Frühstück fahren wir schnurstracks nach Fort Nelson (wieder so ein Name…) auf der Suche nach einer Dusche und einem deftigem Frühstück im Trockenen. Letzteres finden wir recht schnell in einem Hotel mit interessanter Atmosphäre. Die unterschiedlichsten Leute sitzen an den etwas abgenutzten Tischen: Durchreisende, Langzeitreisende, bärtige Burschen mit vor Dreck starren Hosen, gut angezogene Leute – und wir. Die Frühstückskarte hält was sie verspricht und wir fühlen uns sofort wohl. Nach einer großen Portion Bratkartoffeln mit Eiern, Speck und Käse (das Milchfrei–Experiment ist nun inzwischen vorbei und das ist der erste Käse seit mindestens 5 Wochen!), sieht die Welt doch schon gleich ganz anders aus! Zu unserer Freude finden wir auch noch eine bezahlbare Dusche in Fort Nelson und sind mit dem Alaska Highway wieder einigermaßen versöhnt als wir am Nachmittag weiter fahren.

Kurz darauf beginnt es dann auch wirklich spannend zu werden. Wir kommen wieder in die Berge und fahren über einen felsigen Pass. Es regnet zwar ununterbrochen, aber das tut der Schönheit der Landschaft keinen Abbruch. Unterwegs gibt es dann auch noch das zweite kulinarische Highlight des Tages: Ungefähr 10 km vor Teslin River taucht das erste Schild mit „Hot Cinnamon Buns“ (heiße Zimtschnecken) auf und wiederholt sich in schöner Regelmäßigkeit bis uns dermaßen das Wasser im Mund zusammenläuft, dass wir dort auf jeden Fall anhalten müssen. Das Konzept hat mal bestens funktioniert! Für 5,- CAD teilen wir uns eine riesige warme Zimtschnecke, die definitiv ihr Geld wert ist!

Wir übernachten am wunderschönen türkisblauen Muncho Lake und wollen eigentlich am nächsten Tag wandern gehen, doch da es jetzt schüttet wie aus Eimern und keine Besserung in Sicht ist, beschließen wir gleich weiter zu fahren nach Liard River Hot Springs – ein Highlight auf dem Weg in den Norden!

„Prairie Cows“ in den Bergen

Auf der Straße dorthin, und auch später auf dem Weiterweg gibt es dann noch etwas ganz Besonderes zu sehen: wilde Bisons, und zwar die größten überhaupt: Wood Buffalos! Wir waren ja schon in Manitoba begeistert von den gewaltigen Tieren, aber sie hier in völliger Freiheit zu sehen ist noch mal etwas ganz anderes. Mehrfach kommen wir an einer Herde oder an einzelnen Bullen direkt neben der Straße vorbei. Die Tiere lassen sich dabei überhaupt nicht aus der Ruhe bringen, laufen zum Anfassen nah an unserem Auto vorbei und ziehen friedlich ihres Weges. Eigentlich erinnern sie uns fast ein bisschen an die Kühe in den Alpen – kein Wunder, denn sie werden auch „Prairie Cow“ genannt. Irgendwie ist es das gleiche freundliche und ein bisschen stoische Gemüt – nur dass es für uns einen gewaltigen Unterschied macht, ob man direkt neben einer gemütlichen Braunviehkuh steht oder einem mächtigen Bisonbullen! Es ist auf jeden Fall ein beeindruckendes Erlebnis und wir verbringen viel Zeit mit fotografieren und staunen.

„Nice“ Souvenirs

Der Alaska Highway hält auch noch andere Überraschungen für uns bereit: Wir fahren zwar immer noch auf einer Teerstraße, die aber hier und da mit losem Split ausgebessert ist. RIMG0075Die Schilder mit Aufschrift „Loose gravel, drive slowly“ zeigen anscheinend wenig Wirkung, denn die meisten Leute brettern nur so die Straße entlang – mit Folgen: Wir handeln uns den ersten saftigen Steinschlag auf der Frontscheibe ein. Und während wir noch diskutieren ob, wie und wo wir das reparieren sollten passiert es auch gleich wieder: ZACK – der nächste Stein fliegt mit Wucht auf die Scheibe und hinterlässt dort ein unschönen Krater. Wir sind sprachlos und fühlen uns etwas hilflos: 2 Steinschläge in nicht einmal 10 Minuten! Das kann ja noch lustig werden… Schon in Alberta war uns aufgefallen, dass fast jedes 2. Auto mit komplett gerissener Frontscheibe herum fährt – jetzt wissen wir warum. Wir beschließen auf jeden Fall erstmal bei jeden entgegenkommenden Fahrzeug langsam an die Seite zu fahren, was allerdings auch keine Garantie ist…

Liard River Hot Springs

Wie bereits angekündigt sind die heißen Quellen beim Liard River ein Highlight für uns auf dem Weg in Richtung Yukon. Da wir beide noch keine heißen Quellen besucht haben, wissen wir erstmal noch gar nicht so richtig was uns denn da erwartet und fragen uns, ob es wohl überhaupt Spaß machen wird, bei regnerischem kühlen Wetter baden zu gehen. Aber weit gefehlt: Das Wasser ist heiß! Richtig heiß! So heiß, dass man Zeit braucht um sich daran zu gewöhnen und daher geradezu perfekt, dass es den ganzen Tag regnet. Es ist herrlich, im heißen Wasser zu sitzen und von oben kühle Regentropfen auf der Haut zu spüren – noch dazu in so schöner Natur! Bei heißem Wetter wäre das sicher nicht so angenehm.

Nach dem Bad fühlen wir uns wie nach der Sauna – rundum wohl und entspannt, ein Gefühl, dass auch noch am nächsten Tag anhält als wir uns wieder auf den Weg machen und die Grenze zum Yukon passieren.

Mehr Fotos bei Flickr: Northward Bound

2 Kommentare
  1. Angelika Jung
    Angelika Jung sagte:

    Hallo Ihr Lieben, wir verfolgen natürlich Euren abenteuerlichen Weg. Danke für die Karte!!! Wir freuen uns immer wenn wir von Euch hören. Macht`s gut und passt auf Euch auf.
    L.G. aus dem Allgäu. Rudi und Geli

    • Gary
      Gary sagte:

      Schön, dass die Karte angekommen ist! Wir freuen uns auch immer über Nachrichten aus Seeg 😊

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