Alaska

(9. – 24. September 2015)

Ein Grenzübergang ist ja immer etwas aufregend, denn man hört ständig die unterschiedlichsten, teilweise unglaublichsten Geschichten (vor allem über US Grenzen) und weiß nie so genau was einen erwartet. In unserem Fall ist das diesmal jedoch völlig unberechtigt, denn die 2 Damen am Grenzübergang Poker Creek sind ausgesprochen freundlich, ja richtig gehend herzlich zu uns!

Zitrusfrüchte, Tomaten und Paprika darf man nicht in die USA einführen. Das mit den Paprika hatten wir gewusst, vom Rest sind wir überrascht (nicht das wir genügend Zeit gehabt hätten, das vorher zu recherchieren…) aber auch hier ist man sehr freundlich: von unseren 3 Orangen müssen wir nur die Schale abgeben, das Fruchtfleisch dürfen wir behalten und die Tomate verschwindet gleich an Ort und Stelle in Garys Mund. Nachdem die Formalitäten dann geklärt sind, und sie heraus gefunden haben dass ich Tierärztin bin, geht es sowieso nur noch um den Hund. Wir freuen uns so herzlich in Alaska begrüßt zu werden und legen im Abendlicht die ersten Kilometer in dem beeindruckenden Land zurück.

Jagdfieber

Chicken AlaskaEs ist schon recht spät als wir den Ort mit dem lustigen Namen “Chicken” erreichen – ja, hier dreht sich alles ums Huhn! Eigentlich sollte der Originalname „Ptarmigan“ (Schneehuhn) sein, aber da man sich nicht über die Schreibweise einigen konnte nahm man einfach „Chicken“ (Huhn) um sich nicht lächerlich zu machen…Wir fahren eine Runde durch den kleinen Ort und dann noch ein Stück weiter zum nächsten Campingplatz. Als wir die Straße entlang fahren sehen wir als erstes etwas, das so voll und ganz in das US-Klischee passt: einen Mann mit Gewehr über der Schulter, einem zweiten in der Hand und einer Pistole am Gürtel! Du lieber Himmel, das geht ja gut los, denken wir aber als wir schließlich am Campingplatz ankommen, sehen wir was los ist: Die Jagdsaison ist in vollem Gang! Eigentlich hatten wir erwartet um diese Jahreszeit ziemlich allein zu sein, aber weit gefehlt! Der Campingplatz ist komplett voll und wir befürchten schon, unverrichteter Dinge weiterziehen zu müssen, als wir doch noch am hinteren Ende einen freien Platz entdecken und ihn auch gleich in Beschlag nehmen. Später spazieren wir über das Gelände und schauen uns das bunte Treiben an. Ganze Jagdcamps sind hier aufgebaut an denen die Beute der erfolgreichen Jäger hängt. Wir entdecken riesige Elchviertel und wie zur Schau gestellt liegen an jedem Campeingang die Trophäen in Form vom Geweihen mit Schädel oder ganze Köpfe aus. Wir finden das ziemlich gewöhnungsbedürftig und fühlen uns etwas fremd zwischen all den Jagdbegeisterten, brauchen uns aber wohl um Bären keine Sorgen zu machen. Falls sich doch einer hierher verirren sollte, hätte er sicher nichts zu lachen.

Taylor HighwayAm nächsten Tag fahren wir gemütlich auf dem Taylor Highway durch herbstlich gefärbte Landschaft in Richtung Süden und stellen fest, dass das Jagdfieber nicht nur auf Chicken beschränkt war. Die gesamte Straße bis nach Tetlin Junction ist ein einziges Jagdcamp. Jeder Parkplatz ist voll von Trucks mit Anhängern auf denen mindestens 1, meistens 2 ATVs transportiert werden. Wir entdecken Zelte und Camps direkt neben der Straße. Praktisch jede Nische wird genutzt um ein Jagdlager aufzuschlagen! Natürlich lässt sich zu dieser Jahreszeit kein einziges Tier mehr am Straßenrand blicken und unsere Chancen irgendetwas zu sehen stehen ausgesprochen schlecht.

Allerdings profitieren wir auch ein bißchen von den Jagdfreuden, wenn auch auf ganz andere Art: Bei Tetlin Junction wechseln wir auf einem Rastplatz ein paar Worte mit einem Einheimischen, der uns plötzlich fragt ob wir Lachs mögen. Natürlich tun wir das und so holt er aus der Kühltruhe hinten auf seinem Truck einen riesigen noch gefrorenen Lachs hervor und überreicht ihn uns mit den Worten “Hab ich vor einem Monat gefangen. Lasst ihn euch schmecken!” Wir sind fast sprachlos ob dieses großen Geschenks von jemandem mit dem wir gerade einmal 2 Sätze geredet haben! Aber natürlich nehmen wir es gerne an und machen Platz im Kühlschrank um den Fisch zu verstauen. Am Abend gibt es köstlich gebratenen Lachs am Lagerfeuer und da es wirklich ein riesen Fisch ist reicht er uns für ganze 4 Mahlzeiten!

North Pole – Zu Besuch beim Weihnachtsmann

Von Tok aus führt uns der Weg in Richtung Norden und wir erreichen am nächsten Tag North Pole, dem Ort der das Postamt des Weihnachtsmannes beheimatet. Wenn die Kinder dem Weihnachtsmann schreiben, dann kommt die Post hier an. Natürlich statten wir dem wunderschön bemalten Haus einen Besuch ab. Es gibt hier allerlei schönes Weihnachtliches und wie erwartet auch allerlei Kitschiges zu kaufen; und der Weihnachtsmann persönlich sitzt fürs Foto in Pose – natürlich ein Konsumtempel wie man ihn sich vorstellt, aber wir sind fasziniert von den Briefen der Kinder, die an großen Tafeln überall im Haus aushängen. Ich hatte ja irgendwie nie gedacht, dass so viele Kinder wirklich an den Weihnachtsmann schreiben, aber es ist tatsächlich so! Und da finden sich die unterschiedlichsten Zuschriften: Von netten lieben klein Mädchen- oder Jungsbriefen, die anfangen mit “Lieber Santa,….”, über regelrechte Forderungen wie “Wunschzettel, 1. Lego-Spielzeug, 2. Eisenbahn,…” bis hin zu richtig ergreifenden Briefen in denen man sich Gesundheit für ein Familienmitglied oder Frieden auf der Erde wünscht. Briefe aus der ganzen Welt finden sich hier; manche entschuldigen sich für ihr schlechtes Englisch und hoffen, dass der Weihnachtsmann sie trotzdem versteht, andere wollen einfach nur Hallo sagen und Grüße übermitteln. Wir sind begeistert und verbringen einige Zeit mit Lesen, Staunen, gerührt sein und herzlichem Lachen.

Mittags passieren wir Fairbanks, das wir als ziemlich hektisch empfinden. Aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit – man kann den Winter hier schon förmlich riechen – fahren wir nicht noch weiter in Richtung Norden und machen uns trotz ursprünglich anderer Pläne direkt auf den Weg in Richtung Süden und Denali.

Eiscreme statt Denali

Hmm lecker :-)Am späten Nachmittag erreichen wir den Denali Nationalpark – eigentlich unser heutiges Tagesziel und eigentlich auch das der nächsten Tage. Doch schon bei der Anfahrt merken wir, dass hier einiges los ist. Im nahe gelegenen Ort wimmelt es trotz Mitte September vor Menschen und Autos und am Parkeingang selbst ist alles groß angelegt und organisiert. Wir erkundigen uns nach Preisen, Wandermöglichkeiten und Camping und sind nicht gerade begeistert. Den Campingplatz finden wir langweilig und teuer und um weiter in den Park zu gelangen müssten wir auch einen saftigen Preis für den Bus bezahlen. Wir hören dickbäuchige Leute mit Baseballcap auf dem Kopf und Souvenirtüte in der Hand von den Abenteuern ihrer Busfahrt reden und fragen uns ob das wohl überhaupt die Art von Abenteuer ist, die wir suchen. Der Wetterbericht der nächsten Tage schaut nicht allzu vielversprechend aus und irgendwie ist uns das hier alles zu touristisch und angelegt. Allerdings steigt uns seit einiger Zeit ein verführerischer Duft nach frisch gebackenen Waffeln in die Nase und wir sehen Leute mit riesigen Eistüten an uns vorbei spazieren. Also laufen wir immer der Nase nach und landen schließlich in einem Laden, wo man Eis in frisch gebackenen Waffeln serviert bekommt. Da das Wetter sich heute nochmal ausgesprochen schön mit sonnigen 15 Grad zeigt, können wir dazu nicht nein sagen und genehmigen uns ein köstliches Eis in den leckersten Waffeln die wir je gegessen haben. Und da wir gerade dabei sind: Im Laden nebenan gibt es selbst gemachtes Fudge, das so toll aussieht und schmeckt, dass wir auch hier nicht widerstehen können und wollen. So sitzen wir in den letzten Sonnenstrahlen des Tages und schlemmen. Wir haben gerade exakt den Denali Parkeintritt in Süßigkeiten investiert und müssen darüber lachen. Sicher ist der Park selbst wunderschön und dort Backcountry zu wandern und zu zelten ist bestimmt toll, aber in unserem Fall hat es einfach nicht gepasst. Wir fahren weiter und übernachten auf einem umsonst-Campingplatz an der Straße. Am nächsten Tag hängt eine tiefe graue Wolkendecke über den Bergen, die Sicht ist gleich null und ein eisiger Regen geht langsam in Schnee über. “Alles richtig gemacht” denken wir und genehmigen uns gleich mal zum Frühstück ein Stück von dem äußerst kalorienreichen Fudge – schließlich kann ein bißchen Winterspeck bei diesen Temperaturen kaum schaden! Die Zeltsaison erklären wir jedenfalls bis auf weiteres für beendet und schlafen ab sofort im Auto.

Kenai Peninsula – Alaskas Playground

Nachdem wir einen kurzen Stop in Anchorage eingelegt und uns mit Informationsmaterial eingedeckt haben geht es gleich weiter in Richtung Kenai Halbinsel. Noch immer regnet es in Strömen, aber wenigstens schneit es nicht mehr. Da wir nun ein ganzes Stück weiter südlich gefahren sind, konnten wir auf dem Weg den Herbst sozusagen rückwärts verfolgern. Von tiefem orange-braun und teilweise fast keinen Blättern mehr an den Bäumen ließ sich praktisch zusehen wie sich die Farben rückwärts verändern und schließlich immer mehr grüne Blätter an den Bäumen hängen. Am Abend erreichen wir einen Campingplatz am Anfang der Halbinsel und schlagen unser Lager auf. Ähnlich wie im Yukon gibt es auch in Alaska schöne staatliche Campingplätze, die allerdings meist etwas teurer sind und auch keine einheitlichen Preise haben. Aber da wir schon total am Ende der Touristensaison angelangt sind, brauchen wir zu unserer Freude ohnehin bald nichts mehr bezahlen. Je nach Region schließen die meisten Campingplätze zwischen Mitte und Ende September. Netterweise ist es hier aber so, dass nicht alle eine Schranke haben. Und an denen, die keine Schranke haben, hängt dann ein Schild mit “No Service. No Fees” (Kein Service. Keine Gebühren.) was bedeutet, dass man dort ganz legal campen darf, aber nichts bezahlen braucht. Einzig muss man seinen Müll wieder mitnehmen und es ist ratsam sein eigenes Klopapier mitzubringen, denn das ist oft weggeräumt und wenn man Pech hat ist das Klo auch ganz geschlossen. Natürlich weiß man wenn man sich nicht auskennt nie so genau welcher Zeltplatz nun eine Schranke hat und welcher nicht; ein bißchen ist das sozusagen Glückssache, aber wir finden es auf jeden Fall genial dass es sowas überhaupt gibt. Wie am Anfang unserer Reise sind wir jetzt wieder bei “closed for the season” angelangt – vieles hat jetzt wieder geschlossen, aber wir genießen es! Kaum noch Touristen, freie Auswahl beim Campen und Alaska ist auch oder gerade zu dieser Jahreszeit durchaus eine Reise wert.

Seward und Exit Glacier

Nicht ohne Grund wird die Kenai Halbinsel “Alaskas Spielplatz” genannt, denn die Natur ist wirklich umwerfend und bietet Möglichkeiten für alle möglichen Sportarten. Gewaltige Berge mit riesigen Gletschern, türkisblaue Seen und Flüsse, Fjorde und eine Wildnis in der die unterschiedlichsten Tiere ihr Zuhause haben. Es ist wirklich beeindruckend und wir kommen hier auch endlich mal in den Genuss von ausgiebigen Wanderungen.

Unser erstes Ziel ist der Exit Gletscher, an dessen Flanke eine Wanderweg entlang führt. Da für heute der einzig regenfreie Tag der Woche angesagt ist machen wir uns sogleich an den Aufstieg obwohl wir erst mittags ankommen. Der Gletscher ist beeindruckend! Je höher wir steigen, desto größer scheint er zu werden – bis man schließlich ein ganzes Meer von Eis überblickt, das scheinbar kein Ende hat. Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit schaffen wir es nicht bis zum höchsten Punkt und müssen vorher umdrehen, aber wir sind auch so begeistert und zufrieden, laufen auf dem Rückweg noch am Gletscherfuß vorbei und lassen uns den hier typischen Wind um die Nase wehen. Einen Übernachtungsplatz haben wir schon vorher ausfindig gemacht: Ganz in der Nähe gibt es einen kostenlosen Zeltplatz – eigentlich nur für richtige Zelte auf dem Boden, aber da um diese Jahreszeit sowieso nicht mehr viel los ist gesellen wir uns einfach dazu und verbringen den Abend mit interessanten Leuten am Lagerfeuer.

Der nächste Tag hält eine Überraschung für uns bereit: Ein paar Stunden Sonnenschein obwohl eigentlich Regen angesagt war! Wir nutzen das schöne Wetter um den idyllischen Ort Seward zu erkunden und entdecken dann am Ende einer abenteuerlichen Straße einen einladenden Wanderweg zum Meer. Für das große Lachsziehen sind wir leider zu spät, aber wir werden noch Zeuge des Endes ihrer Lebensreise: wir sehen sie laichen und dann sterben. In fast jeden Fluß oder Bach kann man das nun beobachten und wir können nicht anders als ehrfürchtig staunen bei dem wirklich beeindruckenden Lebenszyklus der Lachse. Auf dem Rückweg kommen uns plötzlich zügig joggende Jugendliche entgegen. Erst sind es nur ein paar sportliche Jungs aber dann werden es immer mehr Kinder und Jugendliche aller Altersklassen. Die Schlange der an uns Vorbeilaufenden scheint gar nicht mehr aufzuhören und wir fragen uns, ob der örtliche cross country Laufverein wohl hier gerade sein Training abhält. Tonsina CreekIrgendwann müssen wir unsere Neugier befriedigen und erfahren das es ganz normaler Schulsport ist! Da staunen wir nicht schlecht – wir Touristen trauen uns nur mit Bärenspray in den Wald und schnaufen schon vom normalen Wandern und die Kinder haben hier einfach ihren Sportunterricht mitten in der wunderbaren freien Natur! Auch die Frage wie sie wohl hierher gekommen sind (schließlich führt nur eine äußerst kurvige und mit Schlaglöchern übersähte Piste zum Ausgangspunkt) beantwortet sich bald: auf dem Wanderparkplatz wartet der Schulbus! Irgendwie finden wir das romantisch und sind fast ein bißchen neidisch. So etwas hätten wir auch gerne gehabt! Allerdings sieht man das als Kind sicher anders – einige der an uns vorbei laufenden Gesichter haben da Bände gesprochen…

Als wir am Nachmittag im Hafen von Seward entlangspazieren entdecken wir zu unserer besonderen Freude einen Otter! Zum anfassen nah taucht der kleine Kerl unter dem Steg ab um kurz darauf dann genüßlich frische Muscheln auf dem Rücken liegend zu knacken. Eine kleine Fangemeinde hat sich schon um ihn versammelt und wir gesellen uns natürlich dazu. Stundenlang könnte man das Spiel beobachten und wie ein kleines Kind dass seinen Vater anbettelt, doch noch ein bißchen zu bleiben, wollen auch wir gar nicht weiter gehen. Der Otter schein so viel Aufmerksamkeit um seine Person richtig gehend zu genießen und taucht gar nicht scheu immer wieder an der selben Stelle auf.

Homer – am Ende der Straße

Homer - SpitUnsere Entdeckungstour über die Kenai Peninsula führt uns weiter in den Ort Homer ganz im Süden der Halbinsel. Berge, Meer und Gletscher prägen das Bild hier und das Ganze wirkt noch gewaltiger durch den Schnee der mittlerweile auf den höheren Bergen liegt. Wir finden einen netten kleinen Stadtcampingplatz und da Homer (und der Campingpreis von 8 USD) uns auf Anhieb sympathisch sind, quartieren wir uns hier gleich für mehrere Tage ein. Das Wetter hält letztendlich was es verspricht: Es regnet und das soll auch eine Weile lang so bleiben. Aber Homer lässt uns nicht im Regen stehen – wir finden ein gemütliches kleines Café “Two Sisters” und verbringen fast einen gesamten Tag dort mit Kaffee, allerlei Leckereien und Blogschreiben. Gary nutzt schließlich den einzigen sonnigen Tag zwischendurch um endlich mal nach dem Kurzschluss zu suchen, der uns seit Dawson plagt. Er braucht schließlich mehrere Stunden um das verflixte Ding zu finden: 2 Kabel waren von der Werkstatt nicht wieder am Rahmen angeschlossen worden…

Am Siklak Lake

Als sich die Regenwolken wieder verziehen wollen wir nocheinmal eine Wanderung auf der Kenai Halbinsel unternehmen und suchen uns den Siklak Lookout aus. Da wir nicht für jede Region einen Wanderführer kaufen können haben wir meist nur spärliche Informationen zu den Trails und wissen daher nie so genau was uns erwartet. Diesmal erwartet uns ein wirklich grandioser Weg auf einen Aussichtsgipfel der besonderen Art. Der Pfad schlängelt sich bergauf durch hohes Fireweed (Feuergras), das zu dieser Jahreszeit wie Pusteblumen seine Samen verteilt. Bei jeder Berührung “schneit” es regelrecht um uns herum und wir kommen uns vor wie im Märchen. Dabei haben wir die ganze Zeit einen herrlichen Ausblick auf den türkisblauen Siklak See, der umrandet wird von schneebedeckten Bergen. Es ist einfach phantastisch und je höher wir steigen desto mehr eröffnet sich uns das gewaltige Panorama bis wir schließlich einen unbeschreiblichen Rundumblick vom Gipfel aus haben. Gekrönt wird das Ganze noch von vorbeiziehenden Regenschauern auf der anderen Seeseite, in die die Nachmittagssonne wunderbare Regenbogen zeichnet. Wir hier drüben werden nicht nass, sitzen aber bei dem Spektakel sozusagen in der ersten Reihe! Zum Abschluss des Tages finden wir auch noch in der Nähe einen sehr schönen Campingplatz (“No Service. No Fees” J) am Hidden Lake und schlagen unser Lager direkt am See auf. Nachts wird es jetzt ziemlich kalt und als wir am nächsten Morgen die Nase heraus stecken steigt Dampf vom See auf – ein morgendliches Schauspiel das uns aus den Federn lockt.

Nachdem wir noch dem idyllisch gelegenen und urischen Örtchen “Hope” einen Besuch abstatten und dort einen ausgiebigen Spaziergang in der Nachmittagssonne unternehmen verabschieden wir uns von der Kenai Peninnsula. Ungefähr Eine Woche waren wir hier – definitiv zu kurz!

Nordlichter tanzen über den Himmel

Es ist wieder einmal einer dieser Tage, an denen wir zu spät dran sind. Bisher brauchten wir uns um Dunkelheit überhaupt keine Gedanken machen, denn so weit nördlich ist es auch im September noch recht lange hell. Aber nun geht es eben doch auf den Winter zu und die Nacht bricht “schon” um 21 Uhr herein. An diesem Tag sind wir wie gesagt spät dran und immernoch auf der Suche nach einem geeigneten Übernachtungsplatz. Irgendwann kommen wir an einem Flussbett vorbei, an dem schon einige Wohnmobile stehen. Eigentlich kein schlechter Platz, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollen wir hier nicht bleiben. Es kommt also wie es kommen muss: Es wird dunkel – stockdunkel – und wir haben immernoch keinen geeigneten Platz gefunden. Das wir das aber auch nie lernen! Wenn es schon spät ist sollte man nicht mehr so wählerisch sein und das nehmen was sich einem anbietet…Wie auch immer, wir kurven durch die Nacht, finden natürlich nichts mehr und halten irgendwann auf dem nächstbesten ungemütlichen Parkplatz direkt neben der Straße an. Zu allem Überfluss steht dort auch schon ein Truck, dessen Besitzer den Motor laufen lässt. Anscheinend will er hier auch die Nacht verbringen und um es warm zu haben läuft fast pausenlos der Motor. Na toll, denken wir; wollen aber auch nicht mehr weiter durch die Nacht fahren. Uns bleibt also nichts anderes übrig als missmutig ins Bett zu gehen und uns über uns selbst zu ärgern.

Mitten in der Nacht klopft es plötzlich ans Fenster. Wir schrecken hoch! Die Polizei? Wir haben kein Camping verboten-Schild gesehen; oder war da etwa doch eins? Herrje, jetzt werden wir bestimmt weggescheucht und müssen mitten in der Nacht unsere Sachen packen. Oder ist es vielleicht etwas anderes? Wer klopft wohl mitten in der Nacht an fremde Fensterscheiben außer der Polizei und bösen Jungs? Vorsichtig öffnen wir einen Spalt die Tür und entdecken den Herrn aus dem Truck neben uns. “Ähm”, fängt er an “Ihr seid aus Europa, oder?” “Ja” antworten wir zögernd während wir uns fragen was das denn zu bedeuten hat zu so später Stunde. “Also”, fährt er fort “Ich habe wirklich lange überlegt ob ich euch wecken soll, aber ich dachte dass ihr sowas vielleicht noch nie gesehen habt und das ihr es sicher nicht verpassen wollt.” Damit deutet er auf den Himmel und wir sind glatt sprachlos – Polarlicht, überall! Noch etwas benommen klettern wir aus dem Auto, werden aber sofort von der kalten Nachtluft hellwach. Nicht zum ersten Mal sehen wir das Nordlicht, aber so etwas wie heute erlebt man nur selten: Eine ganze Polarlichtshow! Der gesamte Himmel ist beleuchtet und das Licht flackert und tanzt wie lebendig in den schönsten Formen und Farben über unseren Köpfen! So etwas hatten wir 2011 schon einmal in Norwegen erlebt und uns seitdem gewünscht es wieder zu sehen. Wir bedanken uns bei dem Mann, der sich uns als William Briscoe vorstellt, für seinen Mut uns als völlig Fremde mitten in der Nacht zu wecken und erfahren dass er nicht zufällig hier ist. Er hatte vermutet, dass es in dieser Nacht Polarlicht geben würde und sämtliche Kameras aufgebaut um es zu filmen. Allerdings hatte auch er nicht damit gerechnet dass es so großartig sein würde. So stehen wir 3 (er dick angezogen, wir in Schlafanzügen und in Decken gewickelt) lange Zeit draußen und beobachten das Schauspiel des Nordens. Hätten wir hier nicht übernachtet, so hätte uns bestimmt niemand geweckt und wir hätten das Nordlicht einfach verschlafen. Alles hat seinen Sinn, denken wir mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

(Unsere Kamera ist nicht gut genug um so ein Erlebnis festzuhalten, aber da es ja von William gefilmt wurde könnt ihr es auch sehen! https://youtu.be/z9MHW3M4iD4 Und nicht nur das: Er hat mehrere faszinierende Filme vom Polarlicht gemacht, die unter William Briscoe bei youtube zu finden sind.)

Valdez

Wolken oder Berg?Auf dem Weg nach Valdez (wieder mal ein Ort am Ende der Straße)passieren wir eine schneebedeckte Hochebene und müssen uns dann die Augen reiben. Sind das da vorne Berge oder Wolken? Wir holen das Fernglas raus und entdecken, dass es tatsächlich schneebedeckte Berge sind – und was für welche! Die gewaltige Bergkette des Wrangell-St. Elias Nationalparks liegt vor uns und der Berg der uns gerade so in seinen Bann zieht ist der 3661m hohe Mt. Drum. Wir erhaschen nur einen kurzen Blick bevor ihn die Wolken wieder verschlucken, sind aber wie gebannt von seiner Schönheit.

In Valdez angekommen wollen wir erstmal nur eins: Duschen! Ganz dringend und unbedingt duschen! Natürlich haben auch die privaten Campingplätze mittlerweile geschlossen und öffentliche Duschen scheint es in Valdez nicht zu geben. Wir fragen herum und bekommen den Tipp es beim Hafenmeister zu versuchen. Vom dem fehlt aber jeder Spur und die Tür zu den Duschen ist natürlich abgeschlossen. Auf dem einzigen noch geöffneten Campingplatz will man uns nur duschen lassen wenn wir gleich einen der häßlichen “Parkplätze” für einen unverschämten Preis mieten. Das tun wir natürlich nicht, dann bleiben wir heute lieber ungeduscht! Aber uns fällt ein, dass wir etwas außerhalb der Stadt noch einen Campingplatz gesehen haben und beschließen dort nachzufragen. Ein Schild weist uns darauf hin, dass er geschlossen hat, aber das Tor ist offen und wir entdecken auf dem offensichtlich noblen Gelände auch einige Wohnmobile sowie das geöffnete Badehaus mit heißem Wasser! Wir schauen uns um, klopfen an ein paar Türen, aber niemand ist zu sehen. Na gut, denken wir, dann eben ohne Bezahlung und springen schnell unter die heiße Dusche. Strom zum Haare föhnen gibt es auch, aber wir beeilen uns, denn natürlich haben wir das Gefühl etwas Verbotenes zu tun und befürchten dass jeden Moment jemand wutschnaubend um die Ecke kommt und uns rausschmeißt. Vorsichtig spähen wir aus der Tür als wir fertig sind – immer noch niemand zu sehen. Den Landy hatten wir vorsichtshalber etwas versteckt hinter dem Gebäude geparkt…schnell springen wir (nun blitzsauber) hinein und verschwinden. Das hat ja mal geklappt!

Etwas außerhalb finden wir einen geeigneten Platz am Fluss und bleiben 2 Nächte um auch noch andere Dinge, wie z.B. Wäsche waschen zu erledigen. Leider gibt es dort keine große Auswahl an schönen Wanderwegen, obwohl Valdez von hohen Bergen und Gletschern umgeben ist. Im Winter dagegen ist es wohl ein richtiges Ski- und Snowboardparadies. Auf dem Rückweg schickt dieser auch schonmal einen Gruß voraus und ein eisiger Wind pfeift über die Berge. Wir verbringen recht weit oben am Richardson Highway eine stürmische Nacht und auch am nächsten Tag pfeift der Wind noch so heftig, dass an kochen nicht zu denken ist. Schnell packen wir zusammen und fahren über den Thompson Pass ein Stück weiter runter. Am Worthington Gletscher finden wir einen windgeschützteren Platz und nach einer wärmenden Portion Haferbrei sind wir bereit zum Fuß des Gletscheres zu spazieren und vom Wind durchgepustet zu werden.

Abschied von Alaska

Ständig werden wir gefragt, wie lange wir denn in Alaska bleiben wollen und unsere Antwort lautet stets “Bis uns der Winter vertreibt.” Und nun ist das anscheinend tatsächlich so. War das Thermometer bisher tagsüber immer noch auf angenehme 10-12 Grad geklettert, so bleibt es jetzt seit 2 Tage bei genau 1,5 Grad stehen. Wir klopfen ein paar mal dagegen, aber das hilft nichts – es ist kalt. Also Zeit zum Aufbrechen, denn für richtiges Wintercamping sind wir nicht entsprechend ausgerüstet. In Tok schließt sich der Kreis unserer Alaskarundreise. Wir gönnen uns zum Abschied Burger in einem gemütlichen Familienrestaurant und übernachten auf dem Parkplatz wo uns der Lachs geschenkt wurde bevor wir am nächsten Tag zur kanadischen Grenze aufbrechen. Die Zeit hier war viel zu kurz und es gibt noch so viel mehr zu entdecken in diesem beeindruckenden Land. Aber die Umstände haben dazu geführt, dass es diesmal nur eine kurze Runde sein sollte. Wir sind jedenfalls fest entschlossen wieder zu kommen!

Danke schön

Wir möchten uns noch einmal herzlich bei William Briscoe bedanken, für seinen Mut uns mitten in der Nacht zu wecken. Dieses Naturschauspiel wollten wir wirklich nicht verpassen! Außerdem ein großes Danke schön an den unbekannten Mann bei Tetlin Junction, der uns den Lachs geschenkt hat. Wir haben ihn sehr genossen!

Mehr Photos bei Flickr: Alaska

2 Kommentare
  1. Renata
    Renata sagte:

    Was für ein schöner, lebensnaher Reisebericht und dazu die tollen Bilder – macht richtig Spaß, euer Blog! Bin schon gespannt wie es weiter geht! Weiterhin gute Reise und viel Glück! Liebe Grüße von Renata

    • Frederike
      Frederike sagte:

      Danke schön :-) Freut uns, dass dir unser Blog gefällt! Macht auch Spaß zu schreiben…

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